"Columbine Highschool, Erfurt, Emsdetten, Winnenden – bei allen Schulmassakern der letzten Jahre haben die Täter zuvor mit Brutal-Videospielen für die Tat geübt." So kündigte der ORF im Internet die Doku "Die Sendung mit der Maus – Die Macht der Videospiele" an, die im Rahmen des "Kulturmontags" gezeigt wurde:
http://tv.orf.at/program/orf2/20090427/462802901/263116/ (Der Trailer ist nicht zimperlich.)
Offenbar wurde der zehnte Jahrestag des Massakers an der Highschool des US-Städtchens Columbine zum Anlass genommen, die Debatte um Gewalt in Videospielen, die seit dem Amoklauf im deutschen Winnenden schon etwas eingeschlafen war, wieder in Gang zu bringen. Dass die Macher der hoffentlich frei denkenden Kulturschiene glauben, dass das eine gute Idee ist, zeigt wie stark und hoffnungslos untrennbar die Themenkreise von Schul-Amokläufen und Videospielen mittlerweile verwachsen sind. Und wie sehr man allerorts nach einfachen Erklärungen für die Gewaltzuspitzungen giert, die unsere Gesellschaft an den Tag bringt.
Dass es nicht so einfach sein kann, die Schuld an den Morden den Spielen zuzuschieben, wurde in der Doku selbst dann auch erwähnt. Letztendlich bemühte sich die offenbar zugekaufte australische Produktion, im Grunde doch um halbwegs ausgewogene Sichtweise. Insgesamt kamen etwa ausgeglichen Stimmen aus beiden Lagern, Spielverteidigern und –anklägern, in der in beinahe nach Videoclip-Art inszenierten, mit Interview-Schnipsel versetzten Doku vor.
Allerdings war dem Film anzumerken, dass er schon ein paar Jahre auf den Buckel hatte. Spiele wurden tendenziell als Skurrilität einer Freakszene gesehen, ihrer gesellschaftlichen Tragweite von 2009 wurde klarerweise überhaupt nicht Rechnung getragen. Die Aufbereitung setzte bei der Entwicklung des Computers im Jahr 1959 an und schien für Leute gemacht, die noch nie eine Konsole von weiten gesehen haben: Wenn von solchen die Rede war, wurde von "so genannten Konsolen" gesprochen. Gerade in diesem Bereich, der so rapider Wandlung unterworfen ist, sollte man um Aktualität bemüht sein.
Und, unverzeihlich: "Simcity" wurde – zumindest in der deutschen Fassung - mit den "Sims" verwechselt.
Im Bild die Illustration der "Bubenträume", an denen die Spiele laut Doku abzielen. Foto: ORF.