Allein im Vorjahr hat die ÖBB einen Verlust von fast einer Milliarde Euro eingefahren. Und auch im heurigen Jahr steht das Bilanz-Signal auf tiefrot. Angesichts dieser tristen Situation möchte man fast Verständnis dafür haben, dass sich das Bahnmanagement jetzt verstärkt dem Alkohol zuwendet. Nicht, dass ab sofort auf höchster ÖBB-Ebene zu tief ins Glas geschaut wird, vielmehr dreht man dem Bahnkunden den Hahn ab.

Wenn Passagiere - ja, die gibt es auch trotz fahrplanmäßiger Verspätung noch - künftig in einem Regionalzug ein gepflegtes Doserl Bier aus dem Provianttascherl zaubern, machen sie sich strafbar. Wenn Oma voller Vorfreude auf die Enkerl am Flachmann nippt - illegal. Die ÖBB hat mit dem geplanten Alkoholverbot das Korsett des öffentlichen Lebens deutlich zu eng geschnürt. Auch wenn es verständlich ist, dass sich zahlende Bahnkunden nicht dank einer Runde tobender Fußballfans wie im rollenden Bierzelt vorkommen dürfen - die Reglement-Keule ändert nichts.

Wer durchsucht das Gepäck auf "illegale" Substanzen, der Lokführer höchstpersönlich? Und jener Schaffner, der alleine und zu später Stunde einer Gruppe alkoholisierter "Schwermetaller" am Nachhauseweg vom Heavy-Metal-Festival einen Alk-Strafzettel aufbrummt, kann einem heute schon leidtun. Helfen würde vielmehr eine punktuelle Aufstockung des (Sicherheits-)Personals, etwa auf Problemstrecken oder bei Großereignissen. Ein generelles Verbot macht Unvernünftige nicht vernünftig. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD-Printausgabe, 22. Oktober 2009)