"Salzburg liest vor" heißt die neueste Aktion des Salzburger Freiwilligenzentrums - auch Senioren oder Sehbehinderte sollen Spaß an Literatur haben können

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Itzlinger Hauptstraße 13 in Salzburg: Hier werden freiwillig engagierte Menschen mit Organisationen und Privatpersonen zusammengebracht, die Hilfe brauchen können

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"Salzburg liest vor" – Menschen, die sich engagieren wollen, finden im Freiwilligenzentrum Menschen, die Hilfe suchen – Von Markus Peherstorfer

Salzburg – Heidi S. malt für ihr Leben gern. Die ehemalige Bankangestellte und Mutter zweier erwachsener Kinder hat ihr Hobby zur Berufung gemacht – mit Hilfe des Freiwilligenzentrums der Salzburger Caritas. Seit ihrem Erstgespräch in der Vermittlungsstelle im Dezember 2008 leitet sie zwei Malgruppen, eine in einem Jugendzentrum und eine mit geistig behinderten Menschen.

Mit den Jugendlichen sei es anfangs nicht leicht gewesen, erzählt Heidi S.: "Die Hemmschwelle, mitzutun, war am Anfang groß, aber es ist mir gelungen, ihnen zu vermitteln, dass es hier um ein wertfreies Malen geht, und so haben sie dann mitgemacht." Inzwischen habe sie mit den 13- bis 17-jährigen Burschen und Mädchen, viele davon aus Migrantenfamilien, schon T-Shirts gestaltet, demnächst soll eine Vernissage stattfinden.

"Bewirkt etwas Positives"

Noch mehr begeistert ist Heidi S. von der Malgruppe der "Lebenshilfe" in Salzburg-Liefering, die sie jeden Mittwochnachmittag leitet: "Ich finde es interessant, die Veränderung zu sehen, die dadurch bei Menschen passiert. Vor allem der Stolz der Leute über das Gemalte bewirkt etwas Positives." Sie könne sich jetzt sogar vorstellen, beruflich mit behinderten Menschen zu arbeiten, sagt sie.

Freiwilligenzentrum als Anlaufstelle

Für Menschen, die sich wie Heidi S. ehrenamtlich engagieren wollen, ist das Freiwilligenzentrum in der Itzlinger Hauptstraße in Salzburg die richtige Anlaufstelle: Caritas-Mitarbeiterin Ingrid Ebner koordiniert dort Helfer und Hilfesuchende, hält Kontakt zu Organisationen und Vereinen, ist Ansprechpartnerin bei Problemen.

Freiwilligenzentren wie in Salzburg-Itzling gibt es auch in Wien, Graz, Linz, Innsbruck und Wels, sagt Salzburgs Caritas-Direktor Hans Kreuzeder: "Ein Arbeitsmarktservice für Freiwillige." In Salzburg existiert das Projekt als "Hilfe&Hobby" seit 1999, seit Sommer 2009 wird es von der Caritas geführt. Insgesamt 181 Freiwillige wurden im Jahr 2008 an Organisationen und Privatpersonen vermittelt, darunter 102 Menschen, die sich neu gemeldet haben.

Zielgruppe "von 15 bis 80"

Menschen "von 15 bis 80" sollen sich als Freiwillige angesprochen fühlen, sagt Ebner. Derzeit seien nur 30 Prozent der ehrenamtlich Engagierten über 50 Jahre alt; wichtig sei es aber auch, "gezielt aktive Senioren anzusprechen", da diese meist auch an Wochentagen Zeit hätten.

Die Einsatzgebiete seien breit gefächert, sagt Ebner: Besuchsdienste für Senioren, Deutsch-Konversation mit Migranten, Lernhilfe für Schüler, Fahrtendienste, Begleitung für Menschen mit Behinderung – oder auch Mithilfe bei Flohmärkten oder Glühweinständen gemeinnütziger Organisationen.

"Salzburg liest vor"

Für das neue Projekt "Salzburg liest vor" erfolgt der Startschuss am 21. November: Gesucht werden Freiwillige, die Senioren, sehbehinderten oder blinden Menschen einmal in der Woche, idealerweise an einem Nachmittag, etwas vorlesen – was, das sollen jene Menschen entscheiden, denen vorgelesen wird. Für die Vorleser gibt es einen eigenen Einschulungstag, an dem sie unter anderem von dem Salzburger Sprecher, Sprechtrainer, Regisseur und Journalisten Peter Arp gecoacht werden.

Kein Ersatz für bezahlte Arbeit

Freiwillige Arbeit bringe einen "menschlichen Mehrwert", sagt Caritas-Direktor Kreuzeder. Sie dürfe aber kein Ersatz für hauptberufliche, professionelle Arbeit sein: "Sie tun etwas, was sonst nicht getan werden könnte". Wichtig sei, dass es in den Organisationen, wo Freiwillige eingesetzt werden, Ansprechpartner, klare Aufgabenbeschreibungen und Einschulungen gebe, sagt Ebner.

"Freiwilligenarbeit muss auch professionell organisiert werden", sagt Kreuzeder. Dem Freiwilligenzentrum steht dafür ein Jahresbudget von 60.000 Euro zur Verfügung, ein Viertel davon bezahlt das Land Salzburg. Zu finden ist das Freiwilligenzentrum in der Itzlinger Hauptstraße 13, unter 0662/90319 sowie ingrid.ebner@caritas-salzburg.at. Eine Außenstelle gibt es auch im Lungau (freiwilligenzentrum.lungau@caritas-salzburg.at). (Markus Peherstorfer, derStandard.at, 22.10.2009)