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Anglikaner Prinz Charles mit Frau Camilla im April zu Besuch beim Papst, der jetzt konservative Anglikaner zum Konvertieren anregt.

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Papst Benedikt XVI. lädt Anglikaner, die das Bischofsamt für Frauen nicht gutheißen, zu einem Übertritt zum Katholizismus ein. Das Oberhaupt der Church of England, Rowan Williams, bleibt gelassen. 

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Rowan Williams ist ein sanftmütiger Mann. Das Oberhaupt der anglikanischen Staatskirche von England wirkt stets so, als wolle er vor allem die Mahnungen aus Jesu Bergpredigt beherzigen. Seit Jahren prügeln Kritiker auf den Primas des anglikanischen Commonwealth mit 77 Millionen Gläubigen ein, beschimpfen ihren Oberhirten als Weichling und Kompromissler.

Unverdrossen hat Williams (59) diversen Kirchengruppen immer wieder auch die linke Backe dargeboten. Jetzt ist dem Oberanglikaner auch noch Papst Benedikt XVI. in den Rücken gefallen. Weil die Anglikaner bald auch Frauen zum Bischofsamt zulassen wollen, dürfen unzufriedene Konservative, so hat die römische Glaubenskongregation verfügt, eine Sonderstellung innerhalb der katholischen Kirche erhalten. Sie sollen ihre Gebetbücher weiter benutzen, sich weiter von verheirateten Priestern betreuen lassen dürfen - eine Seltenheit in der katholischen Kirche.

Damit sei der Weg zum Übertritt frei "für Zehntausende von Gläubigen", jubeln konservative Anglikaner. Bis zu 1000 Priester könnten allein in England katholischen Unterschlupf suchen vor den Anfechtungen der Moderne.

Williams denkt nicht an Kampf. Erst am Wochenende hat ihn der Vatikan formell benachrichtigt, seine Reaktion am Dienstag: "Ich sehe das weder als Aggression noch als Misstrauen", von negativen Folgen für die Ökumene könne keine Rede sein.

Williams rät zu Gelassenheit

Die Times kommentiert verächtlich: "Der ungeheuer gelehrte Primas wurde als Kirchenpolitiker deklassiert." Williams und seine Verbündeten wie der Kanonikus Giles Fraser von der Londoner Paulskathedrale raten zu Gelassenheit. Ganz unrecht haben sie vielleicht nicht: Schließlich haben die Katholiken, bei aller Ruppigkeit des Vorgehens, auf Wünsche von Übertrittswilligen reagiert.

Wie groß deren Zahl wirklich ist, werden die kommenden Monate zeigen. Er erwarte "keine Flut" von Konvertiten, wiegelt Rod Thomas ab, der als Sprecher traditionell gesinnter Anglikaner fungiert. Vielleicht behält die Sanftmut des Rowan Williams die Oberhand. Der deutsche Papst will den Waliser schon im kommenden Jahr einer erneuten Anfechtung aussetzen: Dann will Benedikt XVI. in Birmingham höchstpersönlich den Gottesdienst zur Seligsprechung von John Henry Newman leiten. Der anglikanische Priester konvertierte 1845 zum Katholizismus und brachte es in der römischen Kirche zum Kardinal. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2009)