Rom - In Italien wird am kommenden Sonntag der neue Oppositionschef gewählt. Drei Kandidaten bewerben sich um den Vorsitz der Demokratischen Partei (PD), Italiens stärkster Oppositionskraft, die im vergangenen Jänner aus der Taufe gehoben worden ist. Der neue PD-Chef wird am Sonntag von italienischen und europäischen Bürgern über 16 Jahren gewählt, die in einem Dokument versichern, PD-Wähler zu sein. Um an den Vorwahlen teilnehmen zu können, müssen sie eine symbolische Gebühr von zwei Euro zahlen. Bis zu zwei Millionen Personen werden zu den Vorwahlen erwartet.
Ergebnis am Sonntag
Gewählt wird am Sonntag von 07.00 bis 20.00 Uhr. 10.000 Wahllokale wurden im ganzen Land organisiert, 70.000 Freiwillige sammeln die Stimmen. Die Resultate sollten am späten Sonntag bekanntgegeben werden. Sollte keiner der drei Kandidaten die benötigte 50-Prozent-Mehrheit erhalten, wird der neue Vorsitzende von der Nationalversammlung der Partei zwischen den beiden erfolgreichsten Bewerbern der Vorwahlen gewählt.
Franceschini gegen Bersani und Marino
Ins Rennen um den PD-Vorsitz gehen ihr Übergangschef, Dario Franceschini, der Ex-Industrieminister Pierluigi Bersani, sowie der PD-Senator und Arzt Ignazio Marino. Während Franceschini den katholischen Flügel innerhalb der Partei repräsentiert, will Bersani vor allem die linksorientierten Mitglieder der Gruppierung ansprechen. Den Kandidaten Bersani, der als Favorit gilt, unterstützen Spitzenvertreter der Partei, wie Ex-Premier Massimo D'Alema und Ex-Finanzminister Vincenzo Visco. Franceschini kann dagegen mit der Unterstützung des PD-Gründers Walter Veltroni rechnen.
Bersani hat sich in der letzten Regierung von Romano Prodi als Industrieminister einen Ruf als Liberalisierer zugunsten der Verbraucher gemacht. Dabei legte er sich mit Notaren ebenso an wie mit Taxifahrern und Telefongesellschaften. Nach dem Rücktritt Prodis Anfang des vergangenen Jahres galt der 58-jährige Politiker mit Halbglatze als möglicher Spitzenkandidat für die Demokratische Partei. Doch er verzichtete auf eine Kandidatur, um seinem Parteigenossen Veltroni nicht zu schaden. Jetzt könnte seine Stunde gekommen sein.
Fusions-Partei
Die PD war im Jänner 2008 aus der Fusion der christdemokratischen Margherita und der linken DS entstanden. Die DS war die Nachfolgerin der einst sehr einflussreichen Kommunistischen Partei PCI. Mit der Wahl des neuen Vorsitzenden hofft die PD auf einen Ausweg aus der Krise, die die Gruppierung schon seit mehreren Monaten fest im Griff hat. In der Partei tobte seit der Niederlage bei der Parlamentswahl im April 2008, aus der Silvio Berlusconi als Sieger hervorging, ein Führungsstreit, der im Februar zum Rücktritt von PD-Gründer Veltroni führte. Franceschini war damals zum Übergangschef bis zum Parteikongress ernannt worden.
In seinem Programm setzt der ruhige, stets adrett frisierte Franceschini auf die dringende Notwendigkeit, in Italien eine wahre Kultur der Innovation zum Aufbau einer dynamischen und modernen Gesellschaft zu fördern. Franceschini plädiert für soziale Gerechtigkeit in einer Gesellschaft, die Talente und persönliche Qualitäten unterstützt. Seine parteiinternen Gegner haben ihm bisher öfters vorgeworfen, eine zu schwache Opposition zu Premierminister Berlusconi zu führen. (APA)