Für Clemens-Martin Auer ist die aktuelle Situation eine "überaus schwierige", in der man "Verantwortung tragen" müsse. Das Leben schwer macht dem Sektionsleiter im Gesundheitsministerium die Neue Grippe. Konkreter gesagt, die Diskussion über die Notwendigkeit einer entsprechenden Impfung. "Grippeviren haben eben die lästige Angewohnheit, dass sie nicht berechenbar sind. Aus heutiger Sicht wissen wir nicht, mit welcher Brutalität die Pandemie auf uns zukommt - oder eben auch nicht. Und da wir im Gesundheitsministerium nicht im Hysteriebusiness zu Hause sind, sind wir nüchtern und objektiv an die Sache herangegangen", ist Auer hörbar bemüht, Impfmüde aufzuwecken. Konkret sehen die "nüchternen" Bemühungen so aus: Ab kommenden Dienstag sollen sich möglichst viele der 280.000 Angehörigen der Gesundheitsberufe in Österreich gegen die Neue Grippe impfen lassen. Ab 9. November lädt man dann österreichweit Personen mit einem besonderem Risiko (speziell chronisch Kranke, Schwangere) zur Immunisierung. Pandemie-Koordinator Jean-Paul Klein: "Im Gesundheitswesen sind rund 280.000 Personen beschäftigt. 16 Prozent der Bevölkerung bis zum 50. Lebensjahr sind Risikopatienten. Das sind 600.000 Menschen."

Ursprünglich hat Österreich einen Vorvertrag auf den Baxter-Pandemie-Impfstoff ("Celvapan") für 16 Millionen Dosen abgeschlossen. Auer: „Wir haben mit dem Impfstoffhersteller ein flexibles Ankauf- und Liefersystem vereinbart. Was wichtig ist, da wir bis dato einen sehr milden Verlauf der Grippe haben. Wir kaufen also nicht ins Blaue hinein, sondern gehen sehr kritisch und ökonomisch vor."

Bundesländer-Spritze

Nachdem "Celvapan" - ein in Zellkulturen hergestellter Tot-Impfstoff ohne Verstärkersubstanz (Adjuvans) - nur in Durchstichfläschchen mit jeweils zehn Dosen verfügbar ist, wird nur in eigens eingerichteten Impfzentren zur Nadel gegriffen. Je nach Bundesland wird die Immunisierung (zu zahlen ist pro Teilimpfung die aktuelle Kassenrezeptgebühr von 4,90 Euro) unterschiedlich sein. "In der Mehrheit der Fälle wird die Immunisierung in Bezirkshauptmannschaften, in Gesundheitsämtern, den Außenstellen der Krankenkassen und bei definierten niedergelassenen Ärzten durchgeführt", erläutert Auer. Auf die jüngst entbrannte Diskussion über die richtige Dosierung will sich der Experte nicht einlassen: "Unser Produkt setzt eine zweifache Impfung voraus - und daran halten wir uns." AgesPharmMed-Chef Marcus Müllner, seine Abteilung war federführend an der Zulassung von "Celvapan" beteiligt, präzisiert: „Wir wissen noch nicht, was die optimale Dosis ist. Mehr braucht man aber nicht, aber vielleicht weniger."

In den USA ist es nach dem Beginn der Impfungen gegen die Neue Grippe in Washington zu einem Massenandrang auf eine Klinik gekommen. Innerhalb von 90 Minuten waren alle Dosen des Impfstoffes verbraucht. (mro, DER STANDARD, Printausgabe, 23.10.2009)