Nachdem Minister Hundstorfer am Sonntag unsere Studie präventiv einmal mit dem schlichten Attribut "falsch" geschmückt hat (präsentiert wird sie nächste Woche), besteht Hoffnung: der Standard zitiert gestern die AK im Titel nur mehr mit "tendenziöse und unrealistische Beispiele", gibt im Kleingedruckten aber zu, "dass die Studie einen wahren Kern" treffe. Für ein ausschließlich der Wahrheit verpflichtetes unabhängiges Forschungsinstitut sind auch diese Zuschreibungen noch in Richtung echter Ehrenrettung steigerbar, aber bei linearer Extrapolation ist der Wirtschaftsnobelpreis eigentlich schon in Sicht.

Freilich würde ich mich, dem Vorschlag von Michael Amon folgend (von dem wir den Autor im Vorgespräch zu diesem Beitrag informierten, um allfällige würdigungsstrategische Überschneidungen zu vermeiden; Anm. d. Red.) dann schon auch gerne um die Victor-Adler-Plakette (dem Finanzminister selbstverständlich Vortritt lassend) anstellen, wenn die Neubewertung unseres Vorschlages, den derzeitigen Daten-Blindflug zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit durch ein Transferkonto zu beenden, bei den Genossen weiter Platz greift.

Signale gibt es nicht nur aus dem Kanzleramt, auch im Team von Volksanwalt Kostelka weiß man, dass man nur durch Transparenz bei den Transfers endlich auch einmal überprüfen kann, wie viele Sozialleistungen denn bei der eigentlichen Zielgruppe überhaupt ankommen. Dass meine Kollegin Cornelia Sterner ihre halbe Dissertationszeit damit verbracht hat, für unsere Studie die exakten Bezugsberechtigungen, Einkommensdefinitionen, Ausschlusskriterien etc. in Graz und der Steiermark zu durchleuchten, darf allerdings nicht als Argument für die Unübersichtlichkeit unseres Sozialwesens dienen: Schließlich kann ja jeder potenzielle Transferbezieher künftig diese Dissertation lesen, um zu wissen, was ihm oder ihr zusteht.

Will die Sozialdemokratie mit ihrer Abwehr von mehr Transparenz sanft darauf hinweisen, dass Zeiten sozialer Not für mehr Weiterbildung genutzt werden sollen?

Aber Weiterbildung ist auch in höheren Einkommenskreisen möglich: So durfte ich dem Pressesprecher des Sozialministers im nachfragenden Telefonat, "was denn an unserer Studie falsch" sei, die Neuigkeit überbringen, dass man den Kinderabsetzbetrag in Österreich auch dann erhält, wenn man keine Steuer bezahlt: eine Komponente also der sog. Negativsteuer. Ein treffliches Instrument übrigens, um die aufgezeigten Schwellenphänomene und Armutsfallen zu beseitigen. Voraussetzung: Transfers und Steuern werden über ein Konto abgerechnet.

Die Hoffnung, dass sich nach den ersten eher reflexartigen Zuckungen wieder echte Beweglichkeit im Bemühen um mehr soziale Gerechtigkeit in Österreich ergibt, sollte jedenfalls zuletzt sterben. Und ich freue mich auch auf das bisher nur angekündigte Gespräch mit dem Sozialminister. (Franz Prettenthaler, DER STANDARD, Printausgabe, 23.10.2009)