Das ist weltweit ziemlich einzigartig: Trotz hoher Subventionen machen die Vereinigten Bühnen Wien mit Musical-Produktionen Verluste in Millionenhöhe. Die Opposition verlangte daher einen Sonderkulturausschuss - der natürlich für die Fische war: Thomas Drozda, der Geschäftsführer, nannte keine konkreten Zahlen. Mit dem Hinweis, dass sein Geschäftsjahr erst mit dem 31. Dezember endet. Daraufhin schäumte die Opposition. Drozda ließ daher von seiner Pressesprecherin ein längeres Statement versenden. Es beginnt mit dem Satz: "Ich verstehe die Aufregung nicht."

Ernst Woller, der Kultursprecher der Wiener SP, erachtete es ebenfalls für zweckdienlich, die Angelegenheit zu kommentieren. Der Pressedienst seiner Partei veröffentlichte über die APA eine sogenannte OTS-Aussendung. Sie beginnt mit dem Satz: "Die Aufregung der Opposition sei völlig unverständlich, erklärte Woller."

Drozda und Woller sind sich ziemlich einig. Sie sind sich derart einig, dass man an Zufall nicht glauben mag. Vergleichen wir doch die beiden Aussendungen Satz für Satz:

Drozda: "Tatsache ist, dass die VBW im gesamtwirtschaftlichen Krisenjahr 2009 eine Subventionskürzung von 40 auf 37,3 Mio. Euro erfahren haben."

Woller: "Tatsache ist, dass die Stadt Wien die Förderung der VBW im gesamtwirtschaftlichen Krisenjahr 2009 von 40 auf 37,3 Mio. Euro gekürzt hat."

Drozda: "Die VBW kosten damit de facto dem Steuerzahler heuer um 2,7 Mio. Euro weniger als im vergangen Jahr, obwohl sie mit dem Ronacher ein Theater mehr - mit an die 100 MitarbeiterInnen und 250 Vorstellungen - bespielten und derzeit äußerst erfolgreich bespielen."

Woller: "Damit kosten die VBW dem Steuerzahler heuer de facto um 2,7 Mio. Euro weniger als in den Vorjahren, obwohl sie mit dem Ronacher ein zusätzliches Theater mit 100 MitarbeiterInnen und 250 Vorstellungen mehr erfolgreich bespielen."

Drozda: "Durch diverse Einsparungen, Synergiennutzungen und die Gewinnung neuer Sponsoren ist das Unternehmen jetzt aber dennoch in der Lage, das zu erwartende Minus aus eigener Kraft mittels der in den Vorjahren gebildeten Rücklagen abzudecken."

Woller: "Durch diverse Einsparungen, Synergienutzungen und Gewinnung neuer Sponsoren ist das Unternehmen in der Lage, das für heuer zu erwartende Minus mittels der in den erfolgreichen Vorjahren gebildeten Rücklagen aus eigener Kraft abzudecken."

Drozda: "Tanz der Vampire, seit 16. September im Ronacher zu sehen, wird vom Publikum ausgezeichnet angenommen und ist bereits bis Weihnachten so gut wie ausverkauft. Mit der Erfolgsshow Ich war noch niemals in New York mit Songs von Udo Jürgens setzen wir aber auf einen Publikumsmagneten für das kommende Jahr."

Woller: "Tanz der Vampire wird vom Publikum ausgezeichnet angenommen und ist bereits bis Weihnachten so gut wie ausverkauft. Mit der Erfolgsshow Ich war noch niemals in New York mit Songs von Udo Jürgens setzen die VBW im Raimundtheater im kommenden Jahr auf einen weiteren Publikumsmagneten."

Drozda: "Nicht nur die künstlerische Akzeptanz, sondern auch die Auslastungszahlen - im Durchschnitt 94 Prozent - der Oper im Theater an der Wien sind phänomenal und bestätigen damit sowohl die kulturpolitische Entscheidung, das Haus 2006 zum Opernhaus umzuwidmen als auch das exzellente Bespielungskonzept von Intendant Roland Geyer."

Woller: "Nicht nur die künstlerische Akzeptanz, sondern auch die Auslastungszahlen der Oper im Theater an der Wien sind phänomenal und bestätigen damit sowohl die kulturpolitische Entscheidung der Stadt Wien, das Theater an der Wien 2006 zum Opernhaus umzuwidmen, als auch das exzellente Bespielungskonzept von Intendant Roland Geyer."

Abgesehen davon, dass die Sätze einen Kommentar verdient hätten, stellen sich ein paar Fragen. Die erste - Wer klaut von wem? - lässt sich recht leicht beantworten: Das Statement von Drozda traf einen Tag vor jenem von Woller ein. Ist Ernst Woller daher ein Papagei? Findet er es in Ordnung, sich Sätze vorformulieren zu lassen? Hat er keine eigene Meinung? Muss man auch seine übrigen Wortmeldungen auf Urheberschaft überprüfen? Und: Bekommt Drozda von der Wiener SP ein Honorar?

Zu seiner Ehre aber muss man sagen: Ernst Woller, der immer alles super findet, was seine Partei macht, denkt schon mit. Denn einen Satz von Drozda hat er nicht verwendet. Den einzigen selbstkritischen Satz. Er lautet: "Rudolf im Raimund Theater hingegen blieb unter den Erwartungen." (Thomas Trenkler, derStandard.at, 22.10.2009)