Berlin- In Deutschland ist das bisherige schwarz-gelbe Finanzierungsmodell für die geplanten Steuersenkungen und die Milliardendefizite im Bundeshaushalt geplatzt: Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zogen Union und FDP am Donnerstag ihren Plan eines Schattenhaushalts für 2009 zurück. Ein Sonderfonds ist nun für das Etatjahr 2010 geplant, die Regelung für Ausgaben in den Jahren danach ist allerdings wieder völlig offen.

Die Koalition werde "im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bundeshaushaltes 2010 prüfen", wie mit Hilfe eines Sondervermögens gewährleistet werden könne, die Milliardenlöcher von Arbeitslosenversicherung und gesetzlichen Krankenkassen ohne Beitragserhöhungen auszugleichen, erklärten Kanzleramtsminister Thomas de Maiziere (CDU), FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms und der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) gemeinsam in Berlin.

Weniger Spielraum

Dabei bleibt den künftigen Koalitionären nach Angaben aus Verhandlungskreisen aber weniger Spielraum als bisher gedacht. Denn haushalterische Vorschriften verbieten es zum einen, in das Sondervermögen 2010 auch Ausgaben für die darauffolgenden Jahre einzustellen. Zum anderen würde wegen der ab 2011 wirkenden neuen Schuldenbremse ein erneutes Sondervermögen im Haushaltsjahr 2011 auf die dann strengere Neuverschuldungsregelung angerechnet. Deshalb müsste dann eine Gegenfinanzierung für die Etataufstellung gefunden werden. Ab dem Jahr 2011 war bisher aber der Großteil der angestrebten Steuersenkungen angedacht.

Union und FDP hatten zur Finanzierung ihrer Steuersenkungspläne in den vergangenen Tagen erwogen, einen milliardenschweren Sonderfonds noch im laufenden Jahr über einen Nachtragshaushalt einzurichten. Mit dessen Hilfe sollten die Milliardenlöcher abgedeckt werden, die sich in den kommenden vier Jahren im Gesundheitsfonds und bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) auftun. Dies wurde aber wegen rechtlicher Bedenken von Juristen des Kanzleramts vom Tisch genommen.

De Maiziere sagte am Rande der Koalitionsverhandlungen, die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sollten trotz der Einnahmeausfälle in den Sozialversicherungen stabil gehalten werden. 2010 solle das ursprünglich geplante Darlehen an die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in einen Zuschuss umgewandelt werden. Mit Blick auf den Sonderfonds 2010 hob er hervor: "Eine Entscheidung für die Jahre 2011 und 2012 ist damit nicht verbunden."

Es solle für 2010 eine transparente und verfassungsrechtlich saubere Lösung gefunden werden, betonten de Maiziere sowie die Finanz-Unterhändler von FDP und CSU, Solms und Fahrenschon. Der bayerische Finanzminister sprach von einem "Schutzschirm für Arbeitnehmer und Arbeitgeber".

Eine Annäherung gab es bei den Koalitionsverhandlungen im Bereich Gesundheitspolitik. Die Obergrenze beim Zusatzbeitrag könnte von derzeit ein auf zwei Prozent des beitragspflichtigen Einkommens steigen, wie AFP aus Verhandlungskreisen erfuhr. Die Parteien näherten sich einem entsprechenden CDU-Vorschlag an. Den Zusatzbeitrag können die gesetzlichen Krankenkassen zusätzlich zum Einheitsbeitrag erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Eine endgültige Verständigung gab es noch nicht.

Im Streit um die Wehrpflicht schlossen Union und FDP nach Angaben aus dem Umfeld des Verteidigungsministeriums einen Kompromiss. Demnach soll der Dienst künftig nur noch sechs Monate statt wie bisher neun Monate dauern. Die FDP hatte in ihrem Wahlprogramm eine Abschaffung des Dienstes gefordert, die Union wollte den Wehrdienst beibehalten. Aus Kreisen der Koalitionsverhandlungen hieß es allerdings, es gebe noch keinen endgültigen Beschluss der großen Runde.

Union und FDP hatten sich am Mittag in Berlin erneut zu Koalitionsverhandlungen getroffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) antwortete auf die Frage, wann die Koalitionsverhandlungen beendet sein könnten: "Ich denke am Wochenende." (APA/AP)