Paris - In Frankreich hat die Opposition den Verzicht von Präsidentensohn Jean Sarkozy auf die Führung einer einflussreichen Behörde als großen politischen Sieg über seinen Vater gefeiert. Staatschef Nicolas Sarkozy sei "unter dem Druck der Volksempörung" gezwungen worden, die Karrierepläne für seinen Sohn aufzugeben, erklärten die Sozialisten am Freitag. Der von den Medien "Prinz Jean" getaufte Sarkozy-Sohn erntete unterdessen auch Lob für den Verzicht.
Nach wochenlangen Vorwürfen der Günstlingswirtschaft erklärte Jean Sarkozy am Donnerstagabend vor einem Millionenpublikum im Fernsehen, er werde auf die Leitung der Entwicklungsgesellschaft für das Pariser Geschäftsviertel La Defense (EPAD) verzichten. Er sei Opfer einer "Kampagne der Manipulation und der Desinformation" geworden, sagte der 23-jährige Jusstudent im Sender France 2. Dennoch ziehe er seine Bewerbung um die EPAD-Präsidentschaft zurück. Er habe die Entscheidung alleine getroffen und wolle jeden Verdacht der Günstlingswirtschaft ausräumen. Es sei eine "Entscheidung der Vernunft".
Umstrittene Personalie
Die Personalie sorgte in Frankreich seit mehr als zwei Wochen für Schlagzeilen. Kritiker sprachen dem jungen Kommunalpolitiker die Eignung für den einflussreichen Posten ab und warfen ihm vor, nur wegen der Stellung seines Vaters Chancen auf den Posten zu haben. Zeitungen hatten den Fall mit der Erbfolge in der französischen Königszeit verglichen und warnten vor dem Bild einer "Bananenrepublik", das Frankreich im Ausland abgebe. In einer Umfrage in der vergangenen Woche hatten sich dann zwei Drittel der Franzosen gegen die Karrierepläne des Präsidentensohnes ausgesprochen.
Die sozialistische Opposition sprach von einer "Niederlage" für den Präsidenten, "die ihn noch lange verfolgen wird". Jean Sarkozy sei für den Posten "offensichtlich nicht bereit gewesen", sagte Sozialistensprecher Benoît Hamon. Dass der Staatschef ihn über Wochen dennoch gegen Kritik verteidigt habe, habe "in vollkommen Widerspruch" zu den von ihm selbst gepredigten republikanischen Werten gestanden.
Jean Sarkozy ließ sich am Freitag durch den Bezirksrat des Départements Hauts-de-Seine dennoch in den Verwaltungsrat der EPAD wählen. Ihr neuer Präsident soll am 4. Dezember bestimmt werden. Die Entwicklungsgesellschaft hat dieses Jahr einen Haushalt von 115 Millionen Euro; rund zweieinhalbtausend Firmen haben in La Défense ihren Sitz, darunter einige der größten börsennotierten Unternehmen Frankreichs.
Vater gegen Sohn
In der Presse wurde der Verzicht am Freitag als "Ohrfeige" für den Vater interpretiert. Er sei "das Geständnis eines Präsidenten, der verstanden hat, dass er mit seiner Machtausübung etwas zu weit gegangen ist", schrieb die linke "Libération". Der souveräne Auftritt des Sohnes im Fernsehen löste aber auch Bewunderung aus: "Ist Jean stärker als der Vater Nicolas?", fragte die südfranzösische Zeitung "Midi Libre". Für den Jungpolitiker sei der Verzicht "ein großer Sprung in die Zukunft". Für die linksliberale "Le Monde" (Samstagausgabe) hat Jean Sarkozy "entschlossen und sehr gelassen versucht, aus seinem Verzicht auf die EPAD-Präsidentschaft einen Vorteil zu ziehen".
Premierminister François Fillon sagte, Jean Sarkozy werde letztlich von seiner Entscheidung "stark profitieren". Der Präsidentensohn ist vor eineinhalb Jahren in die Lokalpolitik eingestiegen und hat es bisher zum Fraktionschef der konservativen Mehrheitspartei im Bezirksrat von Hauts-de-Seine gebracht. Dort hatte einst auch der Vater seine politische Karriere begonnen. (APA)