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Über die Vorstellung des Buches "Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers" vor einigen Wochen ist viel berichtet worden - aus meiner Sicht blieb jedoch das Wichtigste unerwähnt:

In seinen knappen, einführenden Worten sprach Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn über seine Erlebnisse in der Nachkriegszeit und über das, was sich aus seiner Sicht seitdem geändert hat: Aus Pflichterfüllung habe man damals gehandelt. Heute hingegen geht es um Motivation. Die Veränderung scheint subtil, die Folgen sind aber vehement.

Fundamental veränderte Erwartungen

Marken wie "Ja, natürlich!" verzeichnen als Marktführer zweistelliges Wachstum. Qualität gepaart mit Verantwortung, Ethik und Exzellenz verhalfen auch Illy Caffè zu einer Verdreifachung in zehn Jahren. Social-Responsibility-Fonds werden zum Renner - ihre Performance: Der Dow Jones Sustainability Index (DJSI) hat seit Anfang 1997 den MSCI World um durchschnittlich vier Prozent p.a. übertroffen. Corporate Citizenship wird selbst in Zeiten wie diesen von 45 Prozent der größeren deutschen Unternehmen mit höheren Ausgaben gefördert. Unternehmen sind mit fundamental veränderten Erwartungen der Menschen konfrontiert.

Die Menschen verlangen nicht nur nach einem Job, nicht nur nach einem funktionalen Produkt, nicht nur nach einem kompetenten Unternehmen. Sie verlangen nach mehr. Nicht einem quantitativen Mehr, sondern einem qualitativen Mehr, das sie motiviert, für dieses Unternehmen zu arbeiten, jenes Produkt zu kaufen, sich für ihr Land einzusetzen.

Das Mehr in unseren Produkten, unseren Marken und unseren Unternehmen macht den Unterschied zwischen Pflicht und Motivation, es macht das Leben erst lebenswert. Bei hoch qualifizierten Mitarbeitern steht ganz oben auf der Wunschliste der "Spirit" des Unternehmens - für die einen sind es das Ansehen und die soziale Verantwortung der Firma, für den anderen ist es eine freudvolle interne Kultur, für den dritten ist es eine größere Sicherheit, für den vierten ist es der Karriereansporn durch Wettbewerb und Leistungsorientierung. Das bestätigt eine Umfrage unter MBA-Absolventen.

Bedeutung des "Mehrs" erkennen

Für die Unternehmensführung heißt dies, erstens, nicht nur die Bedeutung dieses "Mehrs" zu erkennen, sondern diese auch aktiv zu gestalten, zweitens, die Anspruchs- und Motivstrukturen differenziert zu betrachten, Angebote für sie zu entwickeln, und drittens, konkret danach zu handeln. Adam Smith erklärte uns 1776, warum es die unsichtbare Hand des Marktes ist, auf dem jeder seinen eigenen Vorteil sucht, die den Wohlstand ausmacht.

Wer daraus aber - wie Milton Friedman beispielsweise - folgert, dass ein Unternehmen nur die Verantwortung hätte, Profit zu erwirtschaften, ignoriert, dass Smith noch mehr gesagt hat: Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn sie nicht als "Maschine", sondern als Kultur verstanden wird, die Menschen braucht, denen es um "mehr" geht als um ihren Vorteil, um Gemeinsinn und Verantwortung, Tugend und Moral, aber auch um Spaß und Erfüllung. Weil sie nur so den Wohlstand und das Leben der Menschen befördert.

Adam Smith, Moralphilosoph und Ahnherr unserer freien Marktwirtschaft, hätte mit der Suche nach dem "Mehr" wohl weniger Schwierigkeiten als wir heute.

Nachlese

--> Wa(h)re Werte
--> Lust auf Leistung
--> Eine doppelte Melange
--> "Denk' ich an Deutschland..."
--> Gegen die Endzeit-Stimmung