Wien - Das Klima in der rot-schwarzen Koalition wird zunehmend rauer. Nach dem Disput um ein "Transferkonto" lieferten sich SPÖ und ÖVP am Freitag auch ein Hick-Hack um das Stimmverhalten im EU-Parlament über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die Sozialdemokraten hielten der Volkspartei vor, bei diesem Vorhaben zu bremsen, weil sie einem entsprechenden Antrag im EU-Parlament nicht zugestimmt hat. Die ÖVP wies diesen Vorwurf zurück. Inhaltlich ging es bei der fraglichen Abstimmung am 8. Oktober lediglich um einen Antrag zu einer Resolution, die für die EU-Staaten ohnehin nicht bindend ist - Hintergrund der Attacken dürfte aber ohnehin die Profilschärfung sein.
SPÖ-Klubobmann Josef Cap meinte in einer Aussendung, er sei "überrascht" über das ÖVP-Abstimmungsverhalten und ortete einen "Kurswechsel" beim Koalitionspartner. Auch SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer beschuldigte die ÖVP, "in Brüssel den nationalen Konsens darüber verlassen" zu haben, "dass die Bundesregierung dafür eintritt, eine europäische Finanztransaktionssteuer einzuführen".
Polemik und Ignoranz
Die ÖVP ließ das nicht auf sich sitzen und unterstellte ihrerseits der SPÖ, "mit Polemik und Ignoranz der Faktenlage" zu agieren. Der ÖVP-Europaklub sei "stets und geschlossen für die Einführung einer europaweiten und internationalen Finanztransaktionssteuer eingetreten", hieß es in einer Aussendung.
Bei der besagten Sitzung des EU-Parlaments am 8. Oktober war mehrheitlich eine Resolution angenommen worden, in der begrüßt wird, "dass sich die Staats- und Regierungschefs der G-20 darauf geeinigt haben, an einem internationalen Rahmen für eine Finanztransaktionssteuer zu arbeiten". Gefordert werden von den EU-Parlamentariern "rasche Fortschritte, damit der Finanzsektor in angemessenem Umfang zur wirtschaftlichen Erholung und Entwicklung beiträgt, da bislang die Kosten der Krise von den Steuerzahlern, den öffentlichen Diensten und den Bürgern getragen werden".
Ein Antrag der Grünen, wonach das EU-Parlament auch die einseitige Einführung der Steuer durch die EU verlangen sollte, erhielt eben keine Mehrheit. (APA)