Wien - Schon bejubeln die Anhänger der Wiener Austria ihre Torschützen ausnahmslos enthusiastisch. Netzt aber Emin Sulimani, was zugegebenermaßen nicht wirklich oft vorkommt, dann klingt der Roar im Horr ein wenig anders, leidenschaftlicher, ja vielleicht sogar liebevoller.
Das mag auch am angenehmen Äußeren des 1,72 Meter großen Offensivgeists liegen, der vor zweieinhalb Jahren vom SV Ried nach Wien gekommen war. Erst bei der Austria, sagte Sulimani damals, habe er gesehen, was richtiger Fußball ist. So etwas wirkt, und dazu stand der 23-Jährige auch am Tag nach der Europa-League-Partie gegen Werder Bremen, die mit einem 2:2 endete, weil Sulimani erst den Anschlusstreffer besorgt und dann den Assist zum Ausgleich durch Schumacher geleistet hatte.

Dass die kraftraubende Partie gegen die Hanseaten - "Die Aufholjagd steckt allen in den Knochen, eine schöne Müdigkeit" - überhaupt stattfinden konnte, ist Sulimani zu danken. Dreimal hat er in dieser Saison erst getroffen, mit Abstand am wichtigsten war sein in der Verlängerung der Qualifikations-Heimpartie gegen Metalurg Donetsk erzieltes Tor zum 3:2. Es bescherte der Austria den Aufstieg in die Gruppenphase und Einnahmen in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. Damit kann man schon argumentieren, wenn es demnächst um eine Vertragsverlängerung gehen soll.
Diesbezüglich hat es für Sulimani zu Beginn der Saison eher düster ausgesehen. Die Austria hatte gut eingekauft, vor allem im offensiven Bereich wurde es eng - und Sulimani zur Teilzeitkraft. „Das war schon hart, weil ich in der Saison davor so gut wie jedes Spiel gemacht habe." Erst die Verletzungen der Stürmer Tomáš Jun und Rubin Okotie schufen Raum für den Liebling der Fans, der aber auch an sich gearbeitet hat: "Ich bin am besten, wenn ich frei spielen kann, aber ich habe mich jetzt auch in der Defensive verbessert."

Mag sein, das ist ihm nicht nur von Trainer Karl Daxbacher, sondern auch daheim nahegelegt worden. Daheim, das heißt für den gläubigen Muslim eigentlich Wels. Da wohnt die von Vater Neschad (45) gegründete Familie. Der Albaner kam einst aus Mazedonien nach Österreich, um als Fußballer zu reüssieren, was nicht gelang. „Wir leben jetzt seinen Traum", sagt Emin Sulimani und meint damit neben der fußballspielenden Schwester und der Mutter, die bei einem Verein in Wels als Jugendleiterin wirkt, vor allem seine drei jüngeren Brüder.

Kleines, großes Versprechen

Benjamin (21), „zehn Zentimeter größer als ich und ein richtiger Stürmer", konnte nach gutem Beginn im Profikader der Austria nicht Fuß fassen und kickt bei den Amateuren. Der 18-jährige Harun, "eher so ein Spieler wie ich", ist beim Wiener Sportklub.

Die größten Hoffnungen des Clans ruhen aber auf dem erst zehnjährigen Florim, der bei Hertha Wels in der U-12 stürmt. "Er ist der einzige Linksfuß in der Familie. Ich will nichts verschreien, aber er hat Anlagen. Wir sind schon sehr stolz auf ihn."

Am Sonntag muss Sulimani die schöne Bremer Müdigkeit völlig überwunden haben, da kommt der LASK zwecks zwölfter Bundesligarunde ins Horr-Stadion. Für Sulimani ist das ein Spiel wie jedes andere, auch wenn er als Knabe einst bei den Linzern gewirkt hat. "Wir wollen weiter vorne mitmischen, da gibt es in Heimspielen kein anderes Ziel als den Sieg." (Sigi Lützow; DER STANDARD Printausgabe; 24./25. Oktober 2009)