Zagreb/Wien - Die Affäre um finanzielle Malversationen beim staatsnahen kroatischen Nahrungsmittelkonzern Podravka setzt der national-konservativen Regierungspartei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) immer mehr zu. Vizepremier Damir Polancec steht seit Wochen unter Beschuss, weil er die Vorgänge als früherer Podravka-Manager und jetziger Wirtschaftsminister gedeckt haben soll. Während die Opposition bereits ein Misstrauensvotum gegen Polancec angekündigt hat, droht die Affäre nun auch die Regierungspartei selbst zu spalten.

Partei- und Regierungschefin Jadranka Kosor will ihren Stellvertreter dem Vernehmen nach fallen lassen, was bei einflussreichen HDZ-Granden auf Widerstand stößt. Bei einer Krisensitzung der Parteiführung am Donnerstagabend soll sich auch Ex-Premier Ivo Sanader mit scharfer Kritik an seiner Nachfolgerin zu Wort gemeldet haben. Sie setze sich nicht genug für Polancec ein und lasse sich in der Podravka-Affäre von Medien und Ermittlern treiben, sagte Sanader nach angaben der Tageszeitung "Jutarnji list". Die Regierungschefin reagierte "wütend" auf die "offene Einmischung" Sanaders in ihre Angelegenheiten, berichtete die Zeitung aus dem Umfeld Kosors. Es sei aber nicht das erste Mal seit seinem überraschenden Rücktritt im Juli gewesen, dass Sanader bei Parteisitzungen wieder "das große Wort geführt" habe.

In der Podravka-Affäre, die das politische Leben in Kroatien seit Wochen beherrscht, geht es um dubiose finanzielle Transaktionen zum Schaden des bedeutenden Nahrungsmittelproduzenten. Jüngst wurden sechs Podravka-Manager festgenommen, weil sie im Jahr 2006 durch Aktien- und Kredittransaktionen die Kontrolle über das Unternehmen erlangen wollten. Insgesamt sollen 250 Millionen Kuna (34,7 Mio. Euro) an Firmengeldern unterschlagen worden sein. Polancec, der bis 2005 Podravka-Manager war, soll über alle Vorgänge informiert gewesen sein und sie gedeckt haben. Die Opposition will kommende Woche im Parlament einen Misstrauensantrag gegen den Vizepremier einbringen.

Kosor hat kürzlich den früheren sozialdemokratischen Premiersanwärter und Wirtschaftsexperten Ljubo Jurcic als Aufsichtsratsvorsitzenden bei Podravka eingesetzt, was weithin als Entmachtung von Polancec und indirekte Bestätigung der Vorwürfe gegen ihn gedeutet wurde. Bei der Krisensitzung am Donnerstag stärkten die "starken Männer" der HDZ aber Polancec demonstrativ den Rücken. "Wenn ich an seiner Stelle wäre, träte ich nicht zurück", betonte etwa Parlamentspräsident Luka Bebic laut "Jutarnji list".

Beobachter warnen die HDZ aber vor einem Aussitzen der Podravka-Affäre. Schließlich finden in wenigen Wochen Präsidentschaftswahlen statt, bei denen die Regierungspartei wegen der Korruptionsvorwürfe ein Debakel erleiden könnte. Der ohnehin nicht besonders charismatische HDZ-Kandidat Andrija Hebrang könnte laut einem parteiintern kolportierten "Katastrophenszenario" bereits im ersten Wahlgang ausscheiden, was für die Partei des Staatsgründers und langjährigen Staatspräsidenten Franjo Tudjman eine beispiellose Schmach wäre.

Hebrang räumte am Freitag erstmals ein, dass ihm die Affäre Podravka schade. Er sei aber weiterhin optimistisch, die Wahl gewinnen zu können und werde seine Kampagne in den kommenden Tagen intensivieren. Bei der HDZ-Krisensitzung am Donnerstag bekam Hebrang schon einmal gute Tipps von Ex-Parteichef Sanader. Er forderte Hebrang auf, bei seinen öffentlichen Auftritten etwas entspannter zu sein und bemängelte auch seinen Wahlslogan "Für ein europäisches und stolzes Kroatien". Sanaders Alternativvorschlag: "Ein Bürger und Herr als Präsident." (APA)