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Das Justizministerium am Tag nach dem Anschlag

Foto: APA/EPA/Abbas

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Der Ort des Anschlages aus der Ferne.

Foto: REUTERS/Stringer

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Ein irakischer Soldat vor dem stark zerstörten Justizministerium in Bagdad.

Foto: AP/Karim Kadim

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Rettungsarbeiten vor dem Justizministerium.

Foto: AP/Hadi Mizban

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Weinende Polizisten nach dem Anschlag in der Nähe des Provinzrates in Bagadad.

Foto: Epa/Mohammed Jalil

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Autobomben-Anschläge in der irakischen Hauptstadt.

Foto: REUTERS/Saad Shalash (IRAQ CONFLICT)

Bagdad - Die Zahl der Toten nach der Anschlagsserie in der irakischen Hauptstadt Bagdad ist nach Angaben von Polizei und Krankenhäusern auf 155 gestiegen. Laut Angaben des US-amerikanischen Nachrichtensenders CNN beträgt die Zahl der Opfer inzwischen 160. Über 500 Menschen wurden verletzt, hieß es am Montag. Am Justizministerium und am Sitz des Gouverneurs von Bagdad explodierten am Sonntagvormittag in kurzen Abständen zwei Autobomben. Es waren die schwersten Anschläge in Bagdad seit mehr als zwei Jahren.

Hinter den beiden Selbstmordanschlägen, die sich am Sonntag binnen einer knappen Minute während des morgendlichen Berufsverkehrs ereigneten, wurden sunnitische Aufständische vermutet. Der koordinierte Doppelanschlag wurde als unmittelbarer Angriff auf die schiitisch dominierte Regierung gewertet.

Die erste Autobombe detonierte gegen 10.30 Uhr Ortszeit (8.30 Uhr MEZ) an einer belebten Straße zwischen den Ministerien für Justiz und Arbeit im Herzen der Stadt, wie ein AFP-Reporter berichtete. Das präparierte Fahrzeug sei mitten auf der Straße explodiert. Feuerwehrleute bemühten sich mit Feuerwehrleitern um einen Zugang zu den oberen Stockwerken der stark beschädigten Regierungsgebäude, in denen weitere Opfer befürchtet wurden. Schreie gellten durch die Straßen. Unter den Toten waren nach Klinikangaben zahlreiche Frauen und ältere Menschen.

Gigantischer Flammenball und Maschinengewehrsalven nach den Detonationen

Zehn Minuten später ging die zweite Autobombe im Stadtteil Salhiyeh hoch. Videoaufnahmen von Mobiltelefonen zeigen das Ausmaß der Zerstörung. Nach der zweiten Explosion steigt ein gigantischer Flammenball in die Luft, danach hört man eine Salve Maschinengewehrfeuer. Vor dem Gouverneurssitz lagen Leichen und Leichenteile verstreut. Rettungskräfte bargen verkohlte menschliche Überreste aus zerstörten Fahrzeugen. Einige Leichen seien zu heiß gewesen, um sie anzufassen und hätten in Tücher gewickelt werden müssen, sagten Retter.

Durch die Wucht der Explosionen wurden umliegende Gebäuden stark beschädigt, Fensterscheiben gingen zu Bruch. Abwasserleitungen zerbarsten und setzten ganze Straßenzüge unter Wasser. Dicke Rauchwolken standen über den Anschlagsort. Die Polizei riegelte die Zufahrtsstraßen ab, um Feuerwehrfahrzeuge und Rettungswagen ein Durchkommen zu ermöglichen. Zivilpersonen werden gebeten, Verletzte in ihren Privatfahrzeugen in Kliniken zu bringen, weil nicht genügend Krankenwagen zur Verfügung stehen.

"Ich weiß nicht, wieso ich noch am Leben bin. Die Explosion hat alles zerstört, nichts ist mehr dort, wo es einmal war", sagte ein Ladenbesitzer der Nachrichtenagentur Reuters. Auch Mitarbeiter der chinesischen Botschaft und mehrerer ausländischer Medien, die in einem Hotel in unmittelbarer Nähe untergebracht sind, kamen offenbar mit dem Schrecken davon. Zwar wurde das Hotel beschädigt, Berichte über ernsthaft Verletzte lagen jedoch nicht vor. In Polizeikreisen hieß es, Selbstmordattentäter seien mit Kleinbussen vorgefahren und hätten dann die Sprengsätze darin gezündet.

Anschläge vor Hintergrund der abzuhaltenden Wahlen im Jänner

Kurze Zeit nach der Explosion in Salhiyeh begab sich Ministerpräsident Nuri al-Maliki zu dem Anschlagsort am Gouverneurssitz. Er sprach mit Hilfskräften und Sicherheitsbeamten, verzichtete aber zunächst auf eine offizielle Stellungnahme zu dem Attentat. Regierungssprecher Ali el Dabbagh erklärte, der Anschlag weise die Handschrift von Al Kaida und seiner Verbündeten auf und könnte gegen die geplante Parlamentswahl im Jänner gerichtet sein.

"Sie wollen Chaos im Land verbreiten, den politischen Prozess erschweren und die Parlamentswahl verhindern", erklärte die Regierung von Maliki, der voraussichtlich seine Wiederwahl bei der für kommendes Jahr angesetzten Abstimmung anstreben wird und derzeit versucht, milliardenschwere Ölabkommen abzuschließen, die den Irak zum weltweit drittgrößten Ölproduzenten machen sollen. Nach Einschätzung des US-Militärs könnten Attentäter mit solchen Anschlägen auch zum Ziel haben, Feindseligkeiten zwischen den irakischen Bevölkerungsgruppen wieder anzufachen, die nach der US-geführten Invasion vor sechseinhalb Jahren ausbrachen.

Nach den Anschlägen wurden die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft. Mehrere Straßen im Zentrum blieben am Montag gesperrt, die Zahl der Sicherheitskräfte wurde deutlich erhöht. Armeefahrzeuge säumten die Straßen, Kontrollpunkte wurden eingerichtet. Ministerpräsident Nouri al-Maliki hatte am Sonntagabend eine Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrates anberaumt, wie Regierungssprecher Ali al-Dabbagh mitteilte.

Der Nationale Sicherheitsrat im Irak bemüht sich derzeit um eine Beilegung des Streits um ein neues Wahlrecht, damit Mitte Jänner gewählt werden kann. Das größte Problem ist dabei der Streit um die nördliche Erdölstadt Kirkuk, die an das autonome Kurdengebiet grenzt. Die kurdische Autonomieregierung will Kirkuk in das Kurdengebiet eingliedern, was die dort lebenden Araber und Turkmenen aber ablehnen. Zunächst war geplant, dass das Parlament schon am Montag über ein neues Wahlrecht abstimmen sollte.

Die Zahl der Anschläge im Irak ist seit dem Rückzug der US-Soldaten aus den Städten am 30. Juni wieder stark gestiegen. Am 19. August wurden bei Anschlägen auf das Außen- und das Finanzministerium in Bagdad rund 100 Menschen getötet und mehr als 600 verletzt. Damals machte die Regierung Anhänger der verbotenen Baath-Partei des gestürzten Machthabers Saddam Hussein verantwortlich, denen Syrien angeblich Unterschlupf gewährt.

Militante Islamisten bekennen sich zu Anschlägen von Bagdad

Eine islamistische Gruppe mit Verbindungen zum irakischen Zweig von Al-Kaida hat sich zu den schweren Anschlägen in Bagdad vom Sonntag bekannt. In einer Erklärung, die auf einer häufig von Extremisten verwendeten Internetseite veröffentlicht wurde, erklärte die Gruppe "Islamischer Staat im Irak", sie sei für die Taten verantwortlich. Die Selbstmordattentäter hätten es auf das Justizministerium und eine Gebäude des Regionalparlaments von Bagdad abgesehen gehabt. Bei dem Boppelanschlag waren 155 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt worden.

(APA/Reuters)