Bild nicht mehr verfügbar.

René Gartler hat sich seinen Kapitän Steffen Hofmann aufgeladen. So einen Moment, das erste Tor in der Ersten von Rapid, soll man gebührend feiern. Der bleibt nämlich ein Leben lang hängen.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Auf einmal hatte René Gartler einen Rucksack um. Es war ein lebender, er hieß und heißt immer noch Steffen Hofmann. "Der ist wenigstens leicht, den kann man locker tragen." 24 Minuten waren am Sonntagabend im Hanappi-Stadion gegen Mattersburg um, Gartler hatte eben auf 2:0 für Rapid erhöht. "Auf diesen Moment habe ich 19 Jahre lang gewartet" , sagte der 24-jährige Stürmer am Montag nach dem obligatorischen Auslaufen. 19 Jahre deshalb, weil er als Fünfjähriger zu Rapid gestoßen ist.

Sein Vater Harald hatte übrigens eine ähnliche Karriere hingelegt, Nachwuchs in Hütteldorf, Oberliga, Landesliga, Regionalliga, Amateure, im Alter von 34 Jahren, also unmittelbar vor Pensionsantritt im Fußball, spielte er sogar Bundesliga für Rapid. "Das Personal ist damals ausgegangen" , erinnert sich der Sohn. Ein Torerfolg ist Harald Gartler verwehrt geblieben. Der Bub hat folglich schon mehr erreicht. Warum der Vater den Durchbruch nicht geschafft hat? "Das Potenzial passte. Vermutlich hatte er zum richtigen Zeitpunkt nie die richtigen Trainer."

"Weltmeister ist er deshalb noch keiner", sagte Trainer Peter Pacult in seiner bezaubernden Art, und er meinte natürlich nicht den Harald. René Gartler gab ihm recht. "Stimmt hundertprozentig."

Gemeiner Schuss

Der Jubel nach dem ersten Goal war nicht ausufernd. Die Arme kurz emporgereckt, ein Schrei, ein Blick gen Himmel, und dann hatte er den Hofmann am Buckel. "Du schießt und wartest ab. Auf einmal zappelt der Ball im Netz. Ein wunderschöner Moment, du bist befreit, weißt, dass sich die harte Arbeit ausgezahlt hat. Aber eigentlich denkst du gar nichts." Vielleicht hätten andere Goalies als Stefan Bliem den Aufsitzer gehalten, Gartler tangiert das nicht. "Es war ein gemeiner Schuss, ich habe mir die Szene auf Video angeschaut."

Weltmeister ist er also keiner. "Es war nur ein kleiner Schritt. Davon, es geschafft zu haben, kann keine Rede sein." Dass ihm seine Kollegen Hofmann und Markus Katzer "außergewöhnliches Talent" zubilligen, freut Gartler. "Aber das reicht nicht. Ich muss erst einmal Fuß fassen, mich gegen die interne Konkurrenz durchsetzen. Und das Nationalteam kann einfach kein Thema sein."

Gartler ist sich mitunter selbst im Weg gestanden. "Häferl" sei er zwar keines, "aber ich bin ein emotionaler Mensch. Vielleicht habe ich nicht gleich erkannt, wie ernst das Geschäft ist." Es hat disziplinäre Vorfälle gegeben. Einmal war er an einer Schlägerei indirekt, also ohne selbst gewalttätig zu werden, beteiligt. Ein anderes Mal verweigerte er nach dem Spiel das Auslaufen, worauf ihn Pacult suspendiert hat. "Mein Fehler." Im ersten Match nach der Begnadigung, es war Anfang April 2009 gegen Austria Kärnten, zog sich Gartler einen Kreuzbandriss zu. Davor hatte ihn ein Bruch des Mittelfußknochens zurückgeworfen. 2007 verlieh ihn Rapid an den FC Lustenau, in der ersten Liga hat er den Zweck eines Stürmers (das Toreschießen) voll erfüllt. Also durfte Gartler zurück. Die 24. Minute gegen Mattersburg musste irgendwann passieren, es hätte auch eine 38. gegen Kapfenberg sein können.

Rapid siegte übrigens 4:0, das 1:5 in der Europa League gegen Hapoel wurde also bestens verarbeitet. Pacult: "Man muss akzeptieren, dass auch andere Mannschaften gut sind. Man darf nicht lange trauern. Man soll auch nicht lange jubeln, nach dem 3:0 gegen Hamburg haben viele Leute die Hände vier Tage lang nicht runtergebracht."

Gartler hat sie gegen Mattersburg unten gelassen. Am Mittwoch in Kärnten droht ihm die Ersatzbank. "Es ist ein langer Weg." (Christian Hack, DER STANDARD Printausgabe, 27.10.2009)