Wien - Der Zweite Nationalratspräsident Heinz Fischer drängt im Gespräch mit dem STANDARD darauf, dass der Österreich-Konvent noch im Mai zu tagen beginnen soll. "Die Zeit wird verdammt knapp werden", sagt er. Die österreichische Verfassung sei ein großes Werk, "aber sie muss weiterentwickelt werden". Auch die europäische Integration müsse darin berücksichtigt werden. Ziel des Konvents müsse eine "grundlegende Staats- und Verfassungsreform sein, die dazu beiträgt, die Zersplitterung der jetzigen Verfassung zu beenden", meint der stellvertretende SP-Chef. Im Idealfall könnte der Konvent einen neuen Verfassungstext vorlegen.

Für die Forderung der ÖVP, etwa auch die Gehaltsfortzahlungen für ausgeschiedene Regierungsmitglieder im Rahmen des Konvents zu diskutieren, hat Fischer kein Verständnis. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir den Konvent dazu benützen und ihm so die Zeit rauben. Wir sollten in dieser Institution nicht die Brosamen der Tagespolitik diskutieren. Das heißt doch nur, die unangenehmen Themen jetzt vom Tisch zu bekommen. Die Probleme, die die FPÖ mit den Gehältern ihrer Exminister hat, sollte man da raushalten."

Fischer rechnet damit, dass der Konvent insgesamt 65 Mitglieder haben wird. "Das ist mehr als mir recht ist, aber es gibt viele Interessenvertretungen, die unbedingt dabei sein wollen, da sollten wir konziliant sein. Sonst müssen wir von Beginn an einen Abwehrkampf führen." Der Nationalratspräsident räumt allerdings ein, dass durchaus die Gefahr besteht, dass die Interessenvertreter nur für ihre eigenen Anliegen eintreten und dabei das große Ganze aus den Augen verlieren könnten. Fischer: "Ich sehe das mit einem Grundoptimismus, das ist ein großes und spannendes Projekt. Man muss aber dazu sagen, dass es keine Erfolgsgarantie geben kann."

Der Vorarlberger Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) kann dem Konvent nur wenig abgewinnen. Er kann sich kaum vorstellen, dass ein solches Gremium substanzielle Ereignisse bringen werde. Die Erwartungen seien weit übertrieben, meinte Sausgruber in einem ZiB-Interview. In der Praxis lasse sich die "simple, um nicht zu sagen primitive These", dass großräumige Strukturen billiger als kleinräumige seien, nicht belegen, sagte der Landeshauptmann.

Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass der Konvent, der eine "umfassende Bereinigung der Bundesverfassung" vornehmen soll, innerhalb von 18 Monaten einen Text vorlegen soll. Neben einer Verfassungsbereinigung sollen auch der Behördenaufbau überprüft und der Grundrechtskatalog aktualisiert werden. An einen Ausbau der Elemente der direkten Demokratie ist ebenso gedacht wie an eine Neuordnung der Volksanwaltschaft. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.3.2003)