Die aktuelle Pensionsdebatte verliert sich in einer Fülle von technischen Details - Senkung des jährlichen Steigerungsbetrages der Ersatzrate, Anhebung des Durchrechenzeitraumes für die Bildung der Pensionsbemessungsgrundlage, Regelpensionsalter-Ersatzraten-Ab- und -Zuschläge: Kaum ein Betroffener kann der Debatte noch folgen oder beurteilen, ob es sich, wie es im Regierungsdeutsch nun flott heißt, wirklich um eine "Pensionssicherungsreform" handelt.
Einige nüchterne Zahlen aus dem aktuellen Stabilitätsprogramm der Regierung beweisen, dass es sich größtenteils um kosmetische Korrekturen handelt - um mehr nicht. So geht der Finanzminister in seinem aktuellen Bericht an die EU-Kommission davon aus, dass sich der Anteil der über 65 Jahre alten Bevölkerung an der Erwerbsbevölkerung von derzeit 25 Prozent in den nächsten 30 bis 40 Jahren auf fast 50 Prozent verdoppeln wird. Das bedeutet, dass jeder, der momentan gerade am Beginn seines Berufslebens steht, bei Pensionsantritt von einem einzigen Erwerbstätigen erhalten werden muss.
Eine - sehr vereinfachte - Rechnung zeigt, wie unzureichend die geplanten Maßnahmen sind: Bei aktuellen Beitragshöhen von im Schnitt 22,8 Prozent des Lohns und einem Durchschnittseinkommen von 1600 Euro stehen etwa ab 2035 zu heutiger Kaufkraft gerechnet dann brutto 365 Euro pro Monat und Pensionisten zur Verfügung. Aus solch mageren Pensionen kann weder genügend Geld für eine Krankenversicherung noch für eine soziale Absicherung abgezweigt werden. Die Auswirkungen der Verarmung einer derart großen Bevölkerungsgruppe auf privaten Konsum und Wirtschaftswachstum sind nicht nur für Wirtschaftsforscher ein Albtraum. Riesige Summen müssten aus dem Budget zur Unterstützung ausgegeben werden - was noch höhere, das Wachstum bremsende Steuern für die Erwerbstätigen bedeutete.
Eine nicht gelöste Pensionsproblematik stellt die denkbar schwerste Belastung für eine Volkswirtschaft dar. Das Beispiel Polen mit seinen rein beitragsorientierten Leistungen für jeden Arbeitnehmer zeigt, dass auch radikale Reformen von der Bevölkerung mitgetragen werden. Dass Polen seine Hausaufgaben bereits erledigt hat, während Österreich weiter herumwurstelt, sollte im Lichte der Ostöffnung zu denken geben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.3.2003)