Wien - Manchmal lässt sich von der Art des Beifalls auf die Qualität der Aufführung schließen: Es gibt da etwa den frenetischen Jubel der Fans, die allfällige Makel ihrer Lieblinge zukleistern, oder Formen der Begeisterung, die zuerst zaghaft anheben und sich dann hochschrauben, als ließe sich so nachträglich ein besonderes Ereignis herbeizaubern.

Der Applaus, der am Donnerstag dem Cleveland Orchestra und seinem Chef Franz Welser-Möst nach dem ersten Konzert ihrer Residenz im Musikverein entgegenschallte, war anders: Er klang bei aller Heftigkeit nicht hysterisch oder fordernd, sondern befriedigt und erfüllt. Erst recht nach der Zugabe, dem Vorspiel zum 3. Akt von Wagners Lohengrin, das exemplarisch für die Besonderheiten dieser künstlerischen Partnerschaft stehen könnte: So überschwänglich hört man diese Musik zwar öfter, zugleich so makellos aber nie.

Überwältigend sauber, aber dennoch intensiv, schwangen sich hier die Geigen in die Höhe - als exponierte Repräsentanten der einmaligen Spielkultur des ganzen Kollektivs. Der Dirigent konnte es fließen lassen, für subtil austarierte Begleit- und Nebenstimmen sorgen und sich auf die absolute Präzision verlassen, die er mit jedem kleinsten Zeichen zu evozieren wusste. Auch zwei Nocturnes von Debussy trugen mit ziselierter Leichtigkeit und vitalen Konturen diese Handschrift, während Eine Faust-Symphonie von Liszt denkbar furios und in klanglicher Vollendung aufgetischt wurde: bei aller Energie und Schärfe aber stets dosiert und bei aller Rasanz, die sich etwa im "Mephisto" -Bild unentwegt zu beschleunigen schien, immer völlig klar.

Kleine Einwände sollen diese fulminante Leistung nicht schmälern: Im "Gretchen" -Teil, wo Welser-Möst den Begleitfiguren der Solostreicher viel Freiheit ließ, wussten sie ihren Spielraum nicht ganz überzeugend zu nutzen; überhaupt fehlte dort, wo die Individualität der einzelnen Musiker gefordert war, zuweilen der letzte zündende Funke. Dennoch: Es lässt sich vielleicht origineller oder subjektiver musizieren, aber besser nicht. (Daniel Ender, DER STANDARD/Printausgabe, 31.10/01.11.2009)