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Foto: AP/Rietschel

Leichte Frage, irritierende Antwort: Was haben Angela Merkel, Margot Käßmann und Christine Lieberknecht, die neue Regierungschefin in Thüringen, gemeinsam? Das Pfarrhaus. Deutschlands neue Führungsgeneration hat einen soliden protestantischen Hintergrund - wenig Glamour, dafür unerbittlich Arbeitssinn.

Lieberknecht, die nun erst als zweite Frau überhaupt ein deutsches Bundesland regiert, ist dabei so etwas wie die Mischung aus Machtmensch Merkel und der Bischöfin Käßmann, der neugewählten Vorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Die 51-jährige Thüringerin lässt ihre christliche Prägung in der Politik weit deutlicher als die neue alte Kanzlerin spüren; zugleich ist sie eine gewiefte Parteifunktionärin: Lieberknecht mischt seit der ersten Stunde der Wende 1989 an vorderster Stelle in der Ost-CDU mit. In knapp 20 Jahren Landespolitik war sie Ministerin in vier Ressorts, Landtagspräsidentin, Fraktionsvorsitzende ihrer Partei und sah drei Ministerpräsidenten kommen und gehen.

Dieter Althaus, ihr umstrittener Amtsvorgänger, und dessen Gefolgsleute dürften ihr am Freitag auch die schnelle Wahl im Landtag in Erfurt vermasselt haben. Vier Stimmen fehlten der bisherigen Ministerin für Soziales, Gesundheit und Familie, um im ersten und zweiten Wahlgang ins Amt des Ministerpräsidenten zu kommen. Im dritten Wahlgang reichte die einfache Mehrheit. Es war wohl die Revanche des katholischen Milieus um Althaus, die der studierten Theologin und früheren Pastorin nicht verziehen haben, dass sie nach dem Wahldebakel mit dem Verlust der absoluten CDU-Mehrheit im vergangenen September öffentlich einen Schlussstrich zog: "Die Ära Althaus ist beendet."

"Christinchen" hieß sie lange Zeit, wie Helmut Kohls "Mädchen" Angela Merkel in ihrer Entschlossenheit von der Männerriege unterschätzt. Doch von Thüringens erstem Ministerpräsidenten Josef Duchac, Mitglied der früheren "Blockflöten-Partei" CDU in der DDR wie sie selbst, trennte sich Lieberknecht am Ende ebenso resolut wie zuletzt von Althaus.

"Ich wollte 'ne Plattform", sagte sie über ihre Parteimitgliedschaft zu DDR-Zeiten, als Pastorin im thüringischen Dorf Ramsla auf gleicher Ebene mit den SED-Funktionären reden können. Jahre später fällt sie als Sozialministerin in Thüringen vor allem als entschiedene Abtreibungsgegnerin auf. Lieberknecht ist mit einem Pastor verheiratet, hat zwei Kinder und ist bereits dreifache Großmutter. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 31.10.2009)