Wer als Kind nicht Skifahren lernt, ist für den Wintersporttourismus verloren, glaubt die Branche und fordert die verpflichtende Wiedereinführung von Schulskikursen.

Foto: TVB Karwendel

Bei Österreichs Touristikern schrillen die Alarmglocken: Milliardeninvestitionen der Seilbahnwirtschaft könnten verloren sein, wenn es nicht gelingt, bei Kindern die Lust am Skifahren zu wecken. 

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Wien - Die frühen Schneefälle in diesem Jahr haben ein Problem zugedeckt, das für den Wintertourismus in den Alpen noch extrem gefährlich werden könnte: Die Zahl der Skifahrer geht zurück, Nachwuchs kommt nur spärlich nach.

"In Kombination mit dem demografischen Wandel besteht die Gefahr, dass dem Wintersporttourismus, der ein wesentlicher Teil unseres Wintertourismus ist, à la longue die Geschäftsbasis wegbricht", sagte der Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, Egon Smeral, dem Standard.

Aufgrund der Alterung sei davon auszugehen, dass die Zahl der aktiven Skifahrer weiter abnehme. "Mit siebzig fahre ich keine steilen Pisten mehr bzw. schnalle gar keine Ski mehr an", sagte Smeral. Mit durchschnittlichen Ausgaben von gut 190 Euro je Tag und Person ist der Winterurlauber um einiges spendabler als der typische Sommergast (168 Euro).

Neue Gästeschichten 

Sofern es nicht gelinge, neue Gästeschichten für den Skisport zu begeistern, könnten Milliardeninvestitionen der Seilbahnbranche auf künstlichem Schnee gebaut sein. Österreichs Seilbahnwirtschaft hat in den vergangenen zehn Jahren knapp fünf Mrd. Euro in Aufstiegs- und Beschneiungsanlagen investiert. Allein heuer waren es 550 Mio. Euro - "trotz Wirtschaftskrise", wie man im zuständigen Fachverband betont.

Die hohen Investitionen in Komfort und Schneesicherheit auf den Pisten hat allerdings den Nebeneffekt, dass die Liftkarten Jahr für Jahr teurer werden. Dachte man vor kurzem noch, dass bei Skipasspreisen von 40 Euro je Tag eine natürliche Schmerzgrenze erreicht sei, ist diese längst übersprungen.

"Abgesehen vom hohen Aufwand, der getrieben werden muss, um im Winter dabei zu sein, ist die Konkurrenz zum Skisport enorm groß", sagte Sabine Koppe vom Trendbüro Hamburg: "Statt eine Woche Skifahren kann ich zwei bis drei Wochen Badeurlaub in Thailand machen." Nichtsdestotrotz glaubt die Trendforscherin, dass Jugendliche in Deutschland, den Niederlanden oder anderswo zum Skifahren gebracht werden können. "Man muss sie mit ihren ureigensten Kommunikationsmitteln ansprechen", sagte Koppe. Dazu gehörten Twitter und Facebook. Auch über finanzielle Anreize sollte nachgedacht werden. Koppe: "Man könnte sagen, wer einen Kurs in einer Skihalle in Deutschland bucht, bekommt Prozente beim Urlaub in Österreich. Möglich ist vieles, man muss es nur wollen und tun."

Billigairlines, die im Winter vermehrt Gäste zu Sonnenzielen fliegen, seien auch eine große Chance für Winterdestinationen. "Wenn das Angebot stimmt, der Gast nach Ankunft bequem und ohne langes Drumherum in sein Urlaubsdomizil gebracht wird und das Gepäck auch noch mitkommt, wird er das gern wiederholen", sagte Koppe.

Verpflichtende Schulskikurse

Sorgen um den heimischen Nachwuchs bei den Skifahrern macht man sich auch in der Wirtschaftskammer. Johann Schenner, oberster Touristiker der Kammer und mit Hotels in Bad Goisern (OÖ) und St. Anton / Arlberg (T) am Puls des Geschehens, verlangt die Wiedereinführung der verpflichtenden Schulskikurse, wie es sie bis 1995 gegeben hat. Nahmen in Österreich in den besten Zeiten noch 250.000 Schüler an Skikursen teil, waren es zuletzt nur mehr 150.000 pro Jahr.

"Schulskikurse sind wichtig. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass eine Verpflichtung kommt", sagte der Geschäftsführer des dem Unterrichtsministerium zuarbeitenden Arbeitskreises Schneesport, Johannes Bauer. Vor allem in den Städten sei die Begeisterung für Schulskikurse enden wollend, was mit dem Migrationshintergrund vieler Schüler zu tun habe. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.11.2009)