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Grafik: APA

Wien - Die Belegschaft erfuhr es aus dem Internet. Das alles sei eine Katastrophe, intern sei man sich stets darüber einig gewesen, dass es für den Konzern den Tod bedeute, sobald sich der Konkurrent und Erzrivale Otto die Marke Quelle sichere, sagt ein aufgebrachter Mitarbeiter dem Standard. Die Marke werde demnächst in der Schreibtischlade verschwinden und keiner darauf Zugriff haben. "Unter den Kollegen wächst die Verzweiflung."

Am Donnerstagvormittag teilte der Hamburger Versandriese Otto mit, dass er alle Rechte an der Marke Quelle erworben hat. Davon betroffen sind sämtliche Märkte in Mittel- und Osteuropa, auch Österreich. Mit im Paket gekauft hat Otto das Russland-Geschäft und die Eigenmarke Privileg, für die in erster Linie der Elektrokonzern Electrolux produziert. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Otto hat sich von Anfang an nie für die gesamte Quelle-Übernahme interessiert. Die Kosten für die Restrukturierung seien zu hoch, Otto sei mit Universal selbst stark genug aufgestellt, ließ der Vorstand schon vor Monaten wissen. Der Name an sich reizte Otto freilich stets, in einem Bieterverfahren machte man nun das Rennen. In einem zweiten Schritt sollen die Adressen gekauft oder gemietet werden, ist aus der Branche zu hören. Im Gegenzug könnte Otto dem insolventen Mitbewerber erlauben, die Marke bis Jahresende zu nutzen, um den Abverkauf über die Bühne zu bringen. Denn theoretisch darf Otto Quelle die Verwendung sofort untersagen. Drittes begehrtes Asset ist die Domain des Versenders im Internet.

"Sicherer Hafen"

"Quelle ist nach wie vor eine starke Marke" , sagt Harald Gutschi, Otto-Österreich-Chef. Sein Unternehmen werde aber keinen in die Insolvenz treiben. Sollte sich noch ein Investor für das Österreich-Geschäft finden, werde man die Entwicklung nicht behindern. Ziel sei, den Quelle-Kunden einen sicheren Hafen zu bieten, sagt er. Ausschließen, dass Otto die Marke aufgebe, könne er derzeit nicht. Es gebe aber auch andere Szenarien, etwa eine Zusammenlegung mit Universal. "Wir werden was damit machen."

"Der Markenverkauf gibt Quelle Österreich dem Verfall preis" , sagt Bettina Selden, Vorstand des Kreditversicherers Prisma. "Der Erhalt des Standorts Linz ohne die Marke ist absurd." Quelle sei schon ohne deutsche Mutter nicht überlebensfähig. Im Sozialministerium laufen Vorbereitungen, um die mehr als 1100 von der drohenden Insolvenz betroffenen Mitarbeiter aufzufangen. Für sie ist eine Insolvenzstiftung angedacht, bestätigt ein Sprecher. Das AMS plant ein Büro in der Zentrale, um Beschäftigten bei Jobsuche und Weiterbildung zu helfen. Für Betriebsrat Felix Hinterwirth ist noch nicht alles verloren: Vielleicht bestehe die Chance, dass sich am Freitag ein Investor finde, der nur den Standort kaufe und damit unter eigenem Namen arbeite.

Stand-Alone-Lösung

"Die Nachricht über den Verkauf der Markenrechte hat uns wie eine Keule getroffen" , ließ Österreich-Chef Wolfgang Binder wissen. Solange es aber noch eine Überlebenschance gebe, werde man "kämpfen wie die Löwen" . Eine, wenngleich bescheidene, sei eine Stand-alone-Lösung, bei der Investoren die Markenrechte zurückkaufen. Das Szenario der Fortführung Österreichs mit internationalen Quelle-Gesellschaften sei zerbrochen.

Nach der Liquidierung der deutschen Mutter droht nun das Ende der Österreich-Tochter. Da Vermögen fehlt und Liegenschaften überwiegend verpfändet sind, wird mit Konkursabweisung mangels Masse gerechnet. Otto baut mit dem Zukauf die Marktposition in Osteuropa aus. Das russische Versandgeschäft wächst stark. Quelle hat dort keine hohen Fixkosten, da wenig Lager und Altwaren. Otto selbst ist in Russland bereits Marktführer.(Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 6.11.2009)