Wien - Martin Puntigam hat durchaus eine Meisterschaft im Kreieren ungustiöser, ja geradezu widerwärtiger Typen erlangt. Im Gegensatz zu den "Helden" seiner früheren Programme unternimmt der Informatiklehrer, den der Kabarettist nun in Atomic Wedgie verkörpert, jedoch keine großartigen Versuche, sich zu verstellen: Er ist regelrecht stolz darauf, als opportunistischer Herrenmensch zu agieren.

Nur die ersten zwei, drei Minuten sind irgendwie harmlos. Auf die Sitze des Kabaretts Niedermair hat er Zettel legen lassen: "Junge Katzen zu verschenken" steht samt Telefonnummer darauf. Er fand sie im Keller, sagt er. Sie tatsächlich loszuwerden ist nicht sein vordringliches Anliegen: Gebundene Suppe mit Katze wäre durchaus eine Möglichkeit. Zumal die CO2-Belastung ähnlich wie bei einem Kleinwagen sei.

Radikal analytisch geht dieser Informatiker vor: Immerzu steht der persönliche Vorteil im Zentrum der Überlegungen. Und über diese erzählt er schockierend offenherzig. Wobei am meisten schockiert, dass die Figur ihr Verhalten als ganz normal empfindet. Dieser Informatiker hat nichts zu beichten: Er prahlt mit seinen Taten - zum Beispiel damit, dass er eine Schülerin, auf die er schon in der vierten Klasse ein Auge geworfen hatte, gevögelt habe - auf Einladung des Schuldirektors und natürlich erst nach deren Matura.

Dass diese nun schwanger sein könnte, passt nicht ins Konzept: Der Informatiklehrer, gegenwärtig auf Bildungskarenz, hat sich vorgenommen, das Unternehmen seines Schwiegervaters zu übernehmen. Denn dieser produziert Waffen, was in Zeiten der Krise ein äußerst lukratives Geschäft ist. Der Erzähler preist im Rahmen einer Roadshow Utensilien zur Selbstverteidigung an. Sein Motto angesichts der drohenden Anarchie lautet: "be prepared". Teil seiner persönlichen Überlebensstrategie ist es, zum Judentum zu konvertieren: Wer den Holocaust überlebt hat, der überlebt alles ...

Doch um CEO werden zu können, muss er den Schwager, der auf Strangulierungsspiele abfährt, ausschalten. Und notfalls auch die schwangere Schülerin eliminieren. Herzhaft zu lachen hat man nicht viel bei Puntigam: Die Erzählungen seiner Figur sind brutal und geradezu verstörend. Doch der Kabarettist weiß zu fesseln: Irritiert wie fasziniert hört man ihm zu. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.11.2009)