Rom/Washington - Kritik an Mailänder CIA-Urteil: Sowohl die US-Regierung als auch der im Jahr 2003 vom Geheimdienst CIA entführte Imam Abu Omar haben sich unzufrieden über ein am Mittwoch ergangenes Urteil gegen die Verantwortlichen geäußert - wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Das Gericht in der norditalienischen Metropole hatte 22 CIA-Agenten und einen weiteren US-Bürger in Abwesenheit wegen der Entführung zu Freiheitsstrafen von fünf bis acht Jahren verurteilt. Das Verfahren gegen den damaligen Chef des italienischen Geheimdienstes Sismi, Nicolo Pollari, wurde eingestellt.

"Die wirkliche Nummer eins in der Sache kam also ungeschoren davon", kritisierte der ehemalige Imam einer Mailänder Moschee im Gespräch mit der Zeitung "La Stampa". Er freue sich also, dass sowohl sein Anwalt wie auch die Mailänder Staatsanwaltschaft in die Berufung gehen wollten, denn "Pollari wusste genau, was mir da geschehen ist". Das Verfahren gegen den früheren Geheimdienstchef war "aus Gründen der staatlichen Geheimhaltung" eingestellt worden.

Die US-Regierung wies die Verurteilung zurück. "Wir sind enttäuscht", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Mittwoch. Die Regierung erwarte, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird. Zu Einzelheiten wollte er sich jedoch nicht äußern.

Den Verurteilten war vorgeworfen worden, den radikalen ägyptischen Kleriker in der Stadt auf offener Straße gekidnappt und dann über den deutschen US-Stützpunkt Ramstein nach Ägypten verschleppt zu haben. Dort soll er angeblich auch gefoltert worden sein. Verhandelt wurde gegen insgesamt 26 US-Bürger, von denen drei CIA-Agenten wegen ihrer diplomatischen Immunität straffrei ausgingen. Die Entführung des Imams galt als besonders dramatisches Beispiel für das illegale und seinerzeit heftig diskutierte CIA-Programm zur "außerordentlichen Überstellung" von Terrorverdächtigen. Das von Richter Oscar Magi verkündete Urteil ist das erste zu diesem geheimen CIA-Programm.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte im Jahr 2007 einen Auslieferungsantrag für die 26 per Haftbefehl gesuchten US-Bürger gestellt. Die Regierung in Rom hatte es jedoch abgelehnt, diesen weiterzuleiten. Silvio Berlusconi, zum Zeitpunkt der Entführung Ministerpräsident, hatte mehrfach erklärt, seine Regierung habe von allem nichts gewusst. Weil der am helllichten Tag in einen Wagen gezerrte Abu Omar über den US-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland nach Ägypten geflogen worden war, ermittelten seinerzeit auch deutsche Staatsanwälte. (APA)