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Gordon Brown bei seiner Afghanistan-Rede

Foto: Reuters/Oli Scarff/

London - Der britische Premierminister Gordon Brown hat die afghanische Regierung der Korruption beschuldigt und dringende Reformen eingefordert. "Ich bin nicht bereit, die Leben britischer Männer und Frauen in Gefahr zu bringen für eine Regierung, die nichts gegen Korruption unternimmt", sagte Brown am Freitag.

Großbritannien hat derzeit etwa 9.000 Soldaten in Afghanistan stationiert. Es ist das zweitgrößte ausländische Truppenkontingent nach den USA. Seit Oktober 2001 sind 230 britische Soldaten in Afghanistan gefallen, davon über 90 heuer.

Brown formulierte in einem Interview mit dem britischen Fernsehsender GMTV konkrete Bedingungen für eine weitere Unterstützung des nach seiner von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wiederwahl massiv unter Druck gekommenen afghanischen Präsidenten Hamid Karzai. So müsse er eine Anti-Korruptions-Kommission schaffen, alle Verträge öffentlich ausschreiben lassen und alle Minister überprüfen und einen seriösen Gerichtshof gründen. "Wenn sie dies nicht tun, dann wird es schwierig für uns, ihnen die Unterstützung zu geben, die sie wünschen", sagte Brown.

"Er (Karzai) braucht einen Vertrag mit der afghanischen Bevölkerung: einen Vertrag, mit Hilfe dessen die Afghanen und auch die internationale Gemeinschaft seinen Erfolg beurteilen können", betonte der britische Regierungschef kurz nach dem Interview in der Rede. Die internationale Unterstützung für den Präsidenten hänge von dessen Einsatz und Erfolgen in fünf Kernbereichen ab: Sicherheit, Regierungsführung, nationaler Versöhnungsprozess, wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit mit den Nachbarländern.

Gemeinsam erfolgreich

Brown verteidigte den Afghanistan-Einsatz jedoch gegen Kritiker im eigenen Land. Großbritannien und seine Verbündeten müssten am Hindukusch bleiben, sagte der Premierminister. Die Ausbildung der Sicherheitskräfte müsse ausgebaut werden, damit sie Aufgaben von den ausländischen Truppen übernehmen könnten. "Wenn die größte terroristische Bedrohung, der Großbritannien gegenübersteht, aus Afghanistan und Pakistan kommt, dann können wir nicht, dürfen wir nicht und werden wir nicht fortgehen." Das internationale Bündnis müsse zusammenhalten. "Letztlich werden wir gemeinsam Erfolg haben oder gemeinsam scheitern", sagte Brown.

Regierungskreisen zufolge will Brown Karzai dabei helfen, bis Ende 2010 die angepeilte Armeestärke von 134.000 Soldaten zu erreichen. Zudem sollte auf gemäßigte Extremisten zugegangen werden, damit sie bei der Befriedung des Landes helfen. Großbritannien werde darauf achten, dass Karzai alle politischen Elemente des Landes unter einem Dach vereinige, sagte ein Regierungsvertreter weiter.

Karzai wurde Anfang November in seinem Amt bestätigt, nachdem sich sein Herausforderer Abdullah Abdullah aus der geplanten Stichwahl zurückgezogen hatte. Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl im August wurden mehr als ein Viertel der für ihn abgegebenen Stimmen für ungültig erklärt, da es zu Unregelmäßigkeiten gekommen war.

General: NATO muss Vertrauen in Afghanistan wieder herstellen

Die NATO muss sich bei ihrem Einsatz in Afghanistan nach den Worten eines führenden Generals vor allem bemühen, Vertrauen und Unterstützung der afghanischen Bevölkerung so rasch wie möglich wieder zu gewinnen. "Die Zeit läuft uns davon", sagte der für den NATO-Einsatz in Afghanistan zuständige deutsche General Egon Ramms vor Journalisten in Linnich (deutsches Bundesland Nordrhein-Westfalen).

Der deutsche Vier-Sterne-General und Kommandant des operativen NATO-Militärhauptquartiers in Brunssum (Niederlande) warnte vor "unrealistischen Botschaften" hinsichtlich des möglichen Abzugs der derzeit 71.000 Soldaten der NATO-geführten Schutztruppe (ISAF) aus Afghanistan. "Wir sollten immer bedenken, wie solche Diskussionen, die bei uns oft aus innenpolitischen Überlegungen geführt werden, in Afghanistan aufgenommen und verstanden werden." Dies könne bei Afghanen, die eigentlich zur Zusammenarbeit mit den NATO-Staaten bereit seien, zum Eindruck führen, ihre langfristige Sicherheit sei gefährdet.

Die Unterstützung in der afghanischen Bevölkerung für den ISAF-Einsatz sei von 80 Prozent im Jahr 2005 auf nur noch 52 Prozent gesunken. "Ich hoffe, dass unsere neue Strategie uns neue Unterstützung bringt", sagte Ramms unter Bezug auf den Strategiewechsel von US-General Stanley McChrystal, der den Afghanistan-Einsatz in Kabul leitet. (red/APA/AP)