Wien - Die Grünen und das Rechtskomitee Lambda äußern scharfe Kritik an dem vorliegende Entwurf des ÖVP-geführten Justizministeriums zu einer eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle. In vielen Bereichen werde Diskriminierung fortgeschrieben, in manchen gebe es sogar einen Rückschritt, hieß es in einer Pressekonferenz. 34 Abweichungen zum Eherecht gebe es allein im Justizbereich, listete Lambda-Präsident Helmut Graupner auf: "Es wird sexuelle Rassentrennung praktiziert."
In vielen Bereichen handle es sich um explizit verbriefte Demütigung, die über die Frage hinausgehe, ob man die Partnerschaft auf dem Standes- oder nur dem Bezirksamt schließen dürfe. Ein Beispiel sei das explizite Verbot der Stiefkindadoption, die kommen solle. Dies bedeute, dass ein/eine eingetragener/eingetragene PartnerIn als Einzelperson theoretisch jedes Kind der Welt adoptieren dürfe - außer das leibliche des/der Partners/Partnerin. Dies gelte sogar über den Tod dieses Elternteils hinaus. Auch dann dürfe die Waise, die gegebenenfalls schon seit Jahren vom Hinterbliebenen erzogen werde, nicht von diesem adoptiert werden, so Graupner.
Abweichungen vom Eherecht
Manche Abweichungen vom Eherecht seien geradezu lächerlich, wenn man an die fehlende Möglichkeit denke, einen gemeinsamen Familiennamen zu wählen: Niemand verhindere, dass das eingetragene Paare umgehend eine Tür weitergehe und dort gegen Gebühr eine Namensänderung beantrage. Der Effekt sei also derselbe, aber mit höheren Kosten verbunden.
Die Diskriminierung im Entwurf sei dabei kein Zufall, sondern dezidierte Absicht. So habe Lambda beim einstigen Entwurf von SPÖ-Justizministerin Maria Berger 24 Abweichungen zum Eherecht indiziert, von denen beim jetzigen 11 ausgebügelt wurden. Dafür seien 21 neu geschaffen worden.
Da die ÖVP vor einem nicht-diskriminierenden Entwurf durch Öffnung der Ehe oder Schaffung einer Partnerschaft mit allen Eherechten zurückschrecke, werde sie das bekommen, was sie wie der Teufel das Weihwasser fürchte, prognostizierte Graupner: Die Ehe-light für Heterosexuelle. Es gebe nämlich keinen Grund, nach Inkrafttreten dieses Partnerschaftsgesetzes, heterosexuellen Paaren den Zugang zu verwehren. Er habe bereits MandantInnen, die bereit seien, diese Frage bis zum Verfassungsgerichtshof zu treiben.
"Das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt"
Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser ließ eine Zustimmung seiner Partei bei der Nationalratssitzung am 10. oder 11. Dezember offen: "Allein an der Standesamtsfrage würde ich es nicht aufhängen." Diese Frage sei zwar schmerzlich, aber es gehe um das Gesamtpaket. Dabei sei entscheidend, wie sich die übrigen Ministerien in Fragen wie der Sozialversicherung, dem Fremden-, oder Steuerrecht positionieren würden. Betrachte man die rechtliche Lage in den übrigen Ländern, könne man derzeit eines jedenfalls sagen: "Im Moment ist es das schlechteste Partnerschaftsgesetz der Welt."
Auch der Sprecher der Grünen Andersrum, Marco Schreuder, kritisierte das "Ghettogesetz" und verwies auf die ÖVP-Perspektivengruppe unter dem jetzigen Parteichef Josef Pröll. Bei deren Ergebnissen sei die eingetragene Partnerschaft auf dem Standesamt explizit erwähnt. Die Unzufriedenheit in der lesBiSchwulen Gemeinschaft sei jedenfalls groß, so Schreuder, der am 13. November um 15.00 Uhr zur Kundgebung vor dem Parlament aufrief. Überdies bietet man den noch nicht-öffentlichen Entwurf auf der Internetseite der Wiener Grünen an.
Ins 21. Jahrhundert?
Auch die Sozialdemokratie und Homosexualität (SoHo) meldete sich am Freitag zu Wort: Vorsitzender Peter Traschkowitsch beschied nach einem ablehnenden Zeitungsinterview von Innenministerin Maria Fekter: "Wir fordern Vizekanzler Pröll auf, wenigstens in dieser Frage Frau Fekter und seine Partei in das 21. Jahrhundert zu führen." Die Homosexuelle Initiative (Hosi) forderte am Freitag erneut die Möglichkeit, Partnerschaften auf dem Standesamt zu begehen und unterstrich die Bedeutung der rechtlichen Bestimmungen: "Sollten wichtige und zentrale Rechtsmaterien zusätzlich zu den bereits feststehenden Ausnahmen, wie Adoptionsrecht und Fortpflanzungsmedizingesetz in der endgültigen Gesetzesvorlage fehlen, würden wir die SPÖ auffordern, dem Gesetzesvorhaben die Zustimmung zu verweigern", so Hosi-Obmann Christian Högl. (APA)