Wien - "Theoretisch könnte das Aufsichtsratspräsidium die Beratungshonorare nachträglich beschließen. Ob das nach der Aufregung in der Öffentlichkeit noch darstellbar ist, ist aber eine andere Frage." Gesellschaftsrechtsexperten der Wiener Wirtschaftsuni sind skeptisch, ob es noch gelingen kann, die 100.000 Euro Beratungshonorar (für Juli 2007 bis Oktober 2008) des ehemaligen ÖBB-Holding-Vizepräsidenten, Eduard Saxinger, nachträglich zu legitimieren.

Die von der ÖBB-Holding im Auftrag des Aufsichtsrats im Frühjahr 2009 bei WU-Professorin Susanne Kalss eingeholte gutachterliche Stellungnahme wird dafür nur bedingt reichen. Denn laut Recherchen des STANDARD legt die Gesellschaftsrechtsexpertin in der dreiseitigen Expertise lediglich dar, dass der Aufsichtsrat den Abschluss von Verträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern, durch die sich diese außerhalb ihrer Aufsichtsratstätigkeit gegenüber der Gesellschaft (oder einem Tochterunternehmen) zu einer Leistung gegen ein nicht bloß geringfügiges Entgelt verpflichten, absegnen soll. Laut gängiger Rechtsmeinung genüge dafür ein Beschluss des Präsidiums, das Aufsichtsratsplenum müsse nicht notwendigerweise befasst werden.

Kein Präsidiumsbeschluss

Besonders peinlich: Es liegt auch kein Präsidiumsbeschluss vor. "Weil", wie ÖBB-Holding-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker sagt, "entweder ein Plenumsbeschluss notwendig ist oder gar keiner." Er sei letzterer Meinung. Ob der Aufsichtsrat diese Meinung teile, werde sich weisen.

"Ganz ohne Beschluss, das ist sicher unhaltbar", sagt hingegen Walter Doralt, Gesellschaftsrechtler am Hamburger Max-Planck-Institut. Denn das Gesetz verpflichte die Aufsichtsratsmitglieder, zu prüfen, ob Berateraufträge einzelner Mandatare im Interesse ihrer Gesellschaft lägen, und ob diese Tätigkeiten nicht zur normalen Aufsichtsratstätigkeit gehörten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Gutachterin im Frühjahr alle Informationen vorlagen, die jetzt bekannt sind."

Nicht durchgehen kann das Honorar als "geringfügig". Denn als Schwelle gelten maximal 5000 Euro pro Auftrag. Bei Saxingers Aufwendungen für Rechtsberatung über die Basisvergütung (22.500 Euro pro Jahr) wären das 15 Verträge á 6660 Euro. "Das geht sicher nicht, denn dann dürfte kein Pauschalhonorar abgerechnet werden, sondern jede einzelne Auslage müsste belegt werden."

Die Alternative wären höhere Tantiemen für Saxinger über die Basisvergütung von 22.500 Euro hinausgehend. Für sie bräuchte der ÖBB-Präsident das Placet der Hauptversammlung, also von Verkehrsministerin Doris Bures. Ein solcher Beschluss liegt laut ÖBB allerdings auch nicht vor. "Irgendwie wird das ÖBB-Board diese Anwaltshonorare legitimieren müssen", empfiehlt ein anderer Aktienrechtler, der nicht genannt werden will. "Sonst sind sie zurückzuzahlen". (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.11.2009)