Moskau/Wien - Juan Antonio Samaranch wollte im Juli 2007 nicht nach Guatemala zur Wahl des Austragungsortes der Winterspiele 2014 reisen. Der damals 87-jährige IOC-Ehrenpräsident fühlte sich krank. Dann dürfte aber Wladimir Putin geschnallt haben, dass Salzburg im Kampf um Olympia nicht so leicht wegzupusten war. Russlands Präsident rief nach Samaranch. Der kam einen Tag vor der Wahl, die dann Sotschi gewann.

Stolperte Salzburg indirekt über den KGB? In einem soeben in Moskau erschienenen Buch ("Der KGB spielt Schach") wird vom ehemaligen Führungsoffizier Wladimir Popow (setzte sich 1996 nach Kanada ab) behauptet, dass Samaranch ein KGB-Agent gewesen sei. Wie übrigens auch Schachweltmeister Anatoli Karpow. Das IOC bezeichnet die Vorwürfe als "Spekulation" .

Der Katalane Samaranch hatte es unter dem spanischen Diktator Franco bis zum Staatssekretär für Sport gebracht. Nach Francos Tod 1977 wurde er als Botschafter nach Moskau entsandt. Am Vorabend der vom Westen boykottierten Moskauer Sommerspiele von 1980 wurde Samaranch offenbar mit Unterstützung des kommunistischen Blocks und liquider Freunde zum IOC-Präsidenten gewählt. In der Abstimmung zog der Schweizer FIS-Präsident Marc Hodler mit 21:44 den Kürzeren.

Der deutsche Journalist und IOC-Insider Jens Weinreich zitiert dazu unter anderem Samaranchs Vorgänger, den Iren Michael Morris, der sagte: "Ich war der festen Überzeugung, dass der Posten eines IOC-Präsidenten nicht käuflich sein sollte. Es gibt eine wachsende Tendenz - und viele Gerüchte -, sich Posten durch Gunstbezeugungen zu erschleichen."

Nach seiner Wahl sollte der ehemalige Gefolgsmann Francos als olympischer Moralprediger weltweite Achtung erwerben und die Olympische Bewegung zur lukrativsten Sportmarke ausbauen. 2001 wurde Samaranch vom Belgier Jacques Rogge als Chef-olympier abgelöst und zum IOC-Ehrenpräsidenten ernannt. (Johann Skocek - DER STANDARD PRINTAUSGABE 7.11. 2009)