Standard: Werden Sie sich die Hallen-EM, die ja keine Fis-Veranstaltung ist, im TV anschauen?

Kasper: Wenn es sich ausgeht, ja, natürlich. Wir haben aber zur gleichen Zeit ein großes Fis-Seminar.

Standard: Kürzlich wurde das World Alpine Rockfest in Paganella am 22. Dezember angekündigt mit Miller, Svindal, Cuche und so weiter. Das ist auch nicht unter der Patronanz der Fis, oder?

Kasper: Nein. Soweit ich informiert bin, hat der italienische Skiverband dieses Rennen auch nie akzeptiert und wehrt sich mit allen Mitteln dagegen.

Standard: Warum steht die Fis hinter den Rennen am 21. November auf der Rampe in Moskau?

Kasper: Das ist ein normales Rennen des russischen Skiverbandes, gedacht als Promotion für Sotschi 2014. Und es bringt den Athleten zusätzlich in der Lücke zwischen Sölden, Levi und Nordamerika eine Möglichkeit zum Start.

Standard: Gibt es eine Aussöhnung mit dem europäischen Verband?

Kasper: Es gab nie Streit. Warum soll es eine Aussöhnung geben?

Standard: Ist es für Sie nicht ein Problem, dass sich Kernländer wie Österreich, die Schweiz, Italien und Frankreich organisiert haben?

Kasper: Vier Länder sind drinnen, das ist in Ordnung. Als Informationsaustauschgremium.

Standard: Aber die Veranstaltung der Hallen-EM ist doch nicht in Ordnung für Sie.

Kasper: Die Veranstaltung ist nicht im Fis-Kalender. Der französische Skiverband, der das Rennen durchführt, hat dieses auch nie offiziell gemeldet. Damit gibt es auch keine technischen Delegierten und keine Sicherheitsmaßnahmen et cetera et cetera. Das ist ein wildes Rennen.

Standard: Und wilde Rennen können Sanktionen nach sich ziehen.

Kasper: Es heißt in unseren Statuten: Teilnehmer an wilden Rennen können durch den Fis-Vorstand sanktioniert werden.

Standard: Ist so etwas schon einmal vorgekommen?

Kasper: Früher, als Amateure an Profirennen teilnahmen, wurden Sanktionen ausgesprochen, aber das war vor meiner Zeit.

Standard: Geht es in der Angelegenheit um die Sache, oder geht es um die Macht?

Kasper: Das ist weder eine Sach- noch eine Machtfrage. Was mir nicht gefallen hat, ist die Art und Weise, wie, allem Anschein nach, versucht wurde, neue Nationen zu akquirieren. Da haben sich viele bei uns beschwert, sie seien unter Druck gesetzt worden.

Standard: Um welche Nationen handelt es sich? Und auf welche Art wurden diese unter Druck gesetzt?

Kasper: Das sage ich nicht, ich nenne auch keine Namen. Aber es sind jede Menge. Und das hat dann innerhalb des Fis-Vorstandes eine Diskussion ausgelöst.

Standard: Werden Sie sich nächstes Jahr wieder der Wahl zum Fis-Präsidenten stellen?

Kasper: Jawohl.

Standard: Sie sind ja auch Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee. Ist diese Mitgliedschaft mit der Fis-Präsidentschaft verknüpft?

Kasper: Die Tatsache, dass ich vorgeschlagen wurde als Mitglied, hängt sicher zusammen mit dem Fis-Präsidium. Aber jetzt bin ich nicht als Fis-Präsident dort drinnen, sondern als Individuum.

Standard: Die Formel 1 ist in den vergangenen Jahren sehr sicher geworden, ohne an Attraktivität zu verlieren. Kann man den Skisport sicherer machen?

Kasper: Ja, natürlich. Man kann den Skisport immer sicherer machen, man kann ihn sogar hundertprozentig sicher machen.

Standard: Wie funktioniert das?

Kasper: Ganz einfach. Keine Geschwindigkeit. Bei null Stundenkilometern, wenn sich niemand bewegt, ist die Sicherheit relativ groß.

Standard: Also den Betrieb sicherheitshalber zusperren.

Kasper: Natürlich nicht. In unserem Sport besteht ein Restrisiko, weil sich der Athlet bewegt. Sogar sehr schnell. Was wir in den letzten zwanzig Jahren für die Sicherheit gemacht haben, geht sehr weit. Unsere Techniker beschäftigen sich nicht wöchentlich, sondern täglich mit Sicherheitsmaßnahmen. Die Organisatoren geben Millionen aus. Alles ist denkbar, auch Sicherheitsnetze, die eine Million Euro pro Quadratmeter kosten und Kugeln auffangen, aber dann stellt sich die Frage: Sind Aufwand und Ergebnis noch übereinstimmend?

Standard: Wie alt ist der durchschnittliche Fernsehzuschauer bei Skirennen?

Kasper: Der ist ungefähr 40 Jahre alt. Das ist gleichbleibend seit vielen, vielen Jahren. Das gilt übrigens nicht nur fürs Skifahren, sondern für alle olympischen Sportarten.

Standard: Sinkt die Anzahl der aktiven Skifahrer weltweit?

Kasper: Sie ist leicht wachsend. Vor allem in Asien ist das Potenzial enorm. Denken Sie nur an China. China hat jetzt 200 Skistationen, mir würde es genügen, wenn ein Prozent der chinesischen Bevölkerung Ski fahren würde. In Korea, Indien, Pakistan geht auch einiges in erfreulichem Maße weiter. In Mitteleuropa mag eine gewisse Stagnation eingetreten sein.

Standard: Ist der klassische Sport altmodisch?

Kasper: Im Prinzip geht das Interesse am Wettkampfsport weltweit zurück. Da brauchen Sie nur zur Leichtathletik, zum Schwimmen, zum Boxen zu schauen.

Standard: Woran liegt das?

Kasper: Es liegt an der Einstellung, an der Mentalität junger Leute. Sie sind zu Hause, bewegen sich nicht mehr, sitzen lieber vor dem Computer und spielen. Und wenn sie Fernsehübertragungen von Sportveranstaltungen ansehen, sind das zehn, fünfzehn Sekunden, dann wird weitergezappt. Darum versucht auch das Olympische Komitee mit allen Mitteln an die Jugend heranzukommen, aus Gesundheitsgründen, weil die Jugend verfettet. Das ist das Hauptproblem. Erstens für die Gesundheitsminister, zweitens für den Sport.

Standard: Wie oft gehen Sie selbst Ski fahren?

Kasper: Sooft es geht. Wenn ich zu Weltcuprennen alpin geh, hoff ich, dass ich einmal die Piste runterfahren kann. Langlauf ein bisserl zu Weihnachten und Ostern. Skispringen überhaupt nicht mehr.

Standard: Wie weit sind Sie gesprungen?

Kasper: Ich glaub, mein Rekord war 69 Meter. Ich bin ja neben einer Schanze aufgewachsen.