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Berlusconi und der Journalist Vespa im Mai, als Berlusconis Ehefrau Veronica Lario die Scheidung forderte.

Foto: AP/Pace

Der italienische Premier betont, dass er nicht erpressbar sei, und will nicht als Staatspräsident kandidieren.

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Steter Tropfen höhlt den Stein. Seit dem 14. Mai hatte die römische Tageszeitung La Repubblica täglich zehn verfängliche Fragen an Silvio Berlusconi gerichtet. Einzige Antwort des Premiers: eine Verleumdungsklage im Streitwert von einer Million Euro. Nach einem halben Jahr äußert sich der Cavaliere überraschend zu den Fragen, auf deren Beantwortung Millionen Italiener bisher vergeblich gewartet hatten.

Im Buch Herzdamen des befreundeten Journalisten Bruno Vespa, das Liebesgeschichten und Affären berühmter Persönlichkeiten schildert, plaudert Berlusconi über Frauen und amouröse Abenteuer. Dass seine Antworten nicht zur Zufriedenheit der Repubblica-Redaktion ausfielen, konnte kaum überraschen. "Unvollständig, falsch und 175 Tage zu spät" , bemängelt das Blatt, das auf den ersten vier Seiten akribisch die Affären Berlusconis rekonstruiert.

Nichts mit Frau Letizia

Dieser bestreitet, jemals ein Verhältnis mit der 18-jährigen Noemi Letizia gehabt zu haben: "Es handelt sich um pure Verleumdungen." Auch habe er weder ihr noch anderen Showgirls Kandidaturen für das römische Parlament oder für Straßburg angeboten. "Das war nur bei Frauen mit einem hohen moralischen, intellektuellen und kulturellen Profil der Fall" , sagt Berlusconi. Keine Antwort erhält die Zeitung auf ihre Frage, warum der Premier vier verschiedene Versionen über seine Bekanntschaft mit Noemi Letizia erzählt habe.

Energisch bestreitet er auch den Vorwurf, weibliche Partygäste mit Regierungsmaschinen in seine Villen geflogen zu haben: "Ein Gericht hat die Haltlosigkeit dieser Vorwürfe bestätigt. Ich besitze fünf Privatflugzeuge, die mir jederzeit zur Verfügung stehen." Zur Nacht mit der Prostituierten Patrizia D'Addario in seinem Palazzo äußert sich Berlusconi ebenso wenig wie zur Frage, ob er ein Gesetz unterzeichnen würde, das Kunden von Prostituierten bestraft.

Er sei in "keiner Weise erpressbar" , versichert der Cavaliere, der eine Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten ausschließt. Berlusconi leugnet, jemals den Geheimdienst gegen unliebsame Journalisten und politische Gegner eingesetzt zu haben. Ins Schwärmen gerät er bei der Frage nach seinem Gesundheitszustand: "170 internationale Begegnungen, 25 multilaterale und neun bilaterale Gipfeltreffen, 80 Pressekonferenzen, 66 Ministerratssitzungen und 91 Reden beweisen, dass ich bei bester Gesundheit bin."

Trotz "fehlender Wahrheiten" ortet Repubblica-Chefredakteur Ezio Mauro immerhin Anlass zur Genugtuung: "Die Tatsache, dass Berlusconi schließlich geantwortet hat, beweist die Legitimität und Notwendigkeit der von uns gestellten Fragen." Und fügte hinzu: "Herr Präsident, was hindert Sie daran, Ihren Mitbürgern die ganze Wahrheit zu erzählen?" (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2009)