Berlin  - Mit dem zurückgehaltenen deutschen Bundeswehr-Bericht über den verheerenden Luftangriff in Afghanistan wird sich aller Voraussicht nach ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss befassen. SPD, Linke und Grüne sprachen sich am Donnerstag für die Einsetzung eines solchen Ausschusses aus. Damit würde das erforderliche Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten im Bundestag erreicht. Offen ist noch, ob dafür ein neues Gremium gebildet wird oder der Verteidigungsausschuss für diese Angelegenheit zu einem Untersuchungsausschuss teilweise umgebildet wird.

Mittlerweile hat sich auch die CDU entschieden den Untersuchungsausschuss zu unterstützen.

"Die jüngsten Enthüllungen werfen ein neues Licht auf die Ereignisse in Kunduz", erklärte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in Berlin. "Offenbar sind Informationen, die im Verteidigungsministerium vorlagen, der Öffentlichkeit und dem Parlament systematisch vorenthalten worden." Über die Entlassung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert hinaus stelle sich die Frage der politischen Verantwortung, erklärte Steinmeier. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte zuvor eingeräumt, dass ein Bericht der Bundeswehr zu zivilen Opfern des Luftangriffs Anfang September in der Nähe von Kunduz der Führung des Ministeriums zunächst nicht vorgelegt worden sei.

Oppositionsfraktionen noch nicht einig

"Wir fordern die sofortige Herausgabe aller Informationen und eine umfassende Aufklärung des Bundeswehreinsatzes", erklärte Linken-Fraktionsvizevorsitzender Jan van Aken. "Hiezu ist die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses unerlässlich." Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, der Verteidigungsausschuss solle sich als Untersuchungsausschuss mit dem Fall befassen. Über diesen Vorschlag hatten die drei Oppositionsfraktionen zunächst noch kein Einvernehmen erzielt, es wurde aber mit einer Einigung gerechnet.

Einen eigenen Untersuchungsausschuss müsste das Plenum des Bundestags mit einem Viertel seiner Stimmen beschließen. Eine Umformung des Verteidigungsausschusses könnte das Gremium selbst mit ebenfalls 25 Prozent seiner Stimmen beschließen. Anders als ein eigenständiger Untersuchungsausschuss würde der umgeformte Verteidigungsausschuss aber nicht öffentlich tagen. (APA)