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Der kleine Gepard schreit wohl eher nach Futter, für ihn ebenso überlebenswichtig wie für ein Unternehmen Liquidität.

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Wer klopfet an? Hausbanken nehmen ihre potenziellen Factoring-Kunden genau unter die Lupe.

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Wien - "Factoring ist ein Mittel, Liquidität zu gewinnen und andrerseits wirkt sich die Tatsache, dass die Factor-Bank die Forderung kauft, positiv auf die Bilanz aus. Wenn ich 100.000 Euro an Forderungen habe, bekomme ich relativ rasch 80.000." Bonitätsberater Herfried Gangl kann dem Forderungsverkauf an Factoring-Banken einiges abgewinnen. 

Zwei aktuelle Beispiele nennt er aus seinem Berufsalltag: Ein kleineres Unternehmen mit 1,3 Millionen Euro Umsatz, 400.000 Kundenforderungen, 200.000 Bankverbindlichkeiten und 200.000 Lieferantenverbindlichkeiten. "Wenn die Factoring nutzen, haben sie 320.000 mehr zur Verfügung. Das heißt, die Eigenkapitalquote steigt von 19 auf 32 Prozent ganz beträchtlich." Ein Faktum, dass gerade jetzt in restriktiven Phasen bei der Geldvergabe ein erheblicher Bonus sei, so Gangl. Noch viel interessanter sei in Einzelfällen der dazukommende Spielraum bei den auszuhandelnden Lieferanten-Skonti, nennt er einen weiteren Grund. Auch für diesen hat er ein Beispiel aus der Praxis bereit: "Ein zehn Mal so großer Kunde, den ich gerade berate, könnte seine Skontoerträge von 70.000 auf 240.000 Euro erhöhen. Je größer das Unternehmen, desto größer das Potenzial."

Schmiermittel für Liquidität

Welche Bedeutung dem Factoring im Extremfall zukommen kann, mag die dramatische Pleite der deutschen Quelle illustrieren. Die Factorbanken machten dem Unternehmen gleich mehrmals einen Strich durch die Rechnung. Noch zuletzt, als das Unternehmen nach dem Scheitern des Verkaufsprozesses bereits in den letzten Zügen lag und seine Ware gezwungenermaßen in Windeseile auf den Markt warf, hatten sie ein gewichtiges Wort mitzureden. Mitten im allerletzten Schlussverkauf stellten die Factoring-Banken Valovis, Commerzbank und BayernLB ihre Zahlungen aus der Vorfinanzierung von Kundenforderungen ein. Das Prinzip flüssig gegen Forderungsverkauf kam zum Erliegen und führte dazu, dass sich vor den Toren der Lagerhallen in Deutschland angelieferte Ware stapelte, die Quelle nicht mehr annehmen konnte.

Schon davor war der so genannte Forderungsverkauf der Knackpunkt, der letztendlich den Ausschlag für die Pleite gab. Für das Factoring ab dem kommenden Jahr, über das das Unternehmen einen Großteil seiner Einnahmen generierte, konnte letztendlich keine Lösung gefunden werden. Beim Factoring übernahmen die Banken Forderungen von Quelle gegenüber Kunden und zahlten dem Versandhaus den Großteil des Geldes üblicherweise sofort aus. Angesichts der brenzligen Situation des Versandhändlers waren die Institute dazu offenbar nicht mehr bereit.

Alternative zum Kredit

Gerade Unternehmen in der Größenordnung einer Quelle können im Normalfall von den Vorteilen des Forderungsverkaufes profitieren und tun dies auch zunehmend. Der Umsatz der fünf österreichischen Factoring-Banken belief sich 2008 auf rund 6,3 Miliarden Euro. 2009 könnte der Markt zweistellig wachsen. Gerade hier lag bis vor kurzem die klassische Kreditvergabe der Hausbank mit Forderungen als Sicherstellung den Kunden noch viel näher, als sich an ein fremdes Institut wie eine Factoring-Bank zu wenden, und sich mit kompliziert erscheinenden Verträgen und neuen Abläufen auseinanderzusetzen. Schon alleine aus der Notwendigkeit sich Alternativen zu überlegen, würde auch das immer noch etwas zweifelhafte Image zweitrangig, so Gangl. "Früher hat es schon geheißen: Der hat keine Geld." Was den Ruf der teuren Alternative zum Kredit betrifft, so verweist Gangl auf den Verhandlungsspielraum, der bei der Factoring-Gebühr von 0,5 Prozent vom Umsatz als auch bei den Zinsen, die für den "Abkauf der Forderungen" verrechnet werden, vorhanden sei.

Der Zessionskredit werde wohl langfristig überwiegend durch Factoring ersetzt werden, glaubt der Bonitätsberater: "Das Unternehmen musste bei jeder Forderung in seinen Büchern dazuschreiben, dass die Forderung an xy zediert wurde, das war auch ein ungeheurer Aufwand für die Buchhaltung. Das fällt beim Factoring weg. Das Unternehmen verkauft die Forderungen und hat sie nicht mehr in seinen Büchern drinnen. Eine wesentliche administrative Vereinfachung. Und es ist nach außen hin nicht sichtbar, dass die Bank auf den Forderungen sitzt." Für schwächere Unternehmen, für die die Offenlegung des Forderungsverkaufes problematisch sein kann, könnte der Zessionskredit dennoch die einzige Alternative bleiben. Für Unternehmen, die gute Bonität haben, gilt: Was ist aus der Sicht des Cash-Managements die bessere Alternative.

Abmahnen auslagern

Als Richtgrößen kann laut Gangl gelten: Ab 500.000 Euro Umsatz bei einem Wareneinsatz (Anm.: verkaufte Ware zum Einstandspreis) von 40 Prozent zahle sich das Factoring nicht aus. Bei einem Wareneinsatz von 65 Prozent hängt es von den Zahlungsmodalitäten ab. Wenn ich ein kurzes Zahlungsziel gegenüber meinen Lieferanten und ein langes Zahlungsziel gegenüber meinen Kunden habe, dann zahlt sich Factoring auf jeden Fall aus." Ein weiterer nicht gering zu schätztender Vorteil: Lästige Zahlungserinnerungen und Abmahnen der säumigen Kunden fallen weg. (Regina Bruckner, derStandard.at, 10.11.2009)