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In der "Seestadt", deren Areal so groß ist wie die Bezirke Neubau und Josefstadt zusammen, sollen in 20 Jahren rund 20.000 Menschen leben und ebenso viele Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Bild ein Rendering der Seepromenade.

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Foto: APA/schreinerkastler/Wien 3420 AG

Wien - Komplett fertig sein wird die "Seestadt Aspern" im Nordosten Wiens erst 2028. Die ersten Bewohner sollen sich jedoch schon ab 2013 am 240 Hektar großen Stadtentwicklungsgebiet ansiedeln, kündigte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) in einer Pressekonferenz am Montag an.

Bis dahin werde auch die U2-Verlängerung ins ehemalige Flugfeld mit zwei Stationen direkt im Stadtentwicklungsgebiet abgeschlossen sein. Am 28. Oktober dieses Jahres hat der Spatenstich für diese letzte Ausbaustufe der U2 stattgefunden. Auch die Bauarbeiten für den See starten Anfang 2010. Der Abschluss der laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung wird im Frühjahr 2010 erwartet.

Bauträger-Wettbewerbe starten 2010

Mit der Ausschreibung der Bauträgerwettbewerbe will man im Sommer nächsten Jahres starten. "Die ersten Bauträgerwettbewerbe für rund 1.200 geförderte Wohnungen starten im Sommer 2010, weitere folgen im Winter", so Ludwig am Montag. Insgesamt 100 Millionen Euro will die Stadt in die ersten, rund 2.000 von insgesamt 8.500 Wohneinheiten investieren, die bis 2015 entstehen werden. Besonders forciert werden sollen ökologische und soziale Aspekte. Laut Ludwig ist vorgesehen, ein Viertel aller Neubauten auf energiesparender Passivhaus-Basis zu bauen.

Der Wohnbaustadtrat wünscht sich darüber hinaus generationsübergreifende und interkulturelle Projekte, die eine Durchmischung aller Altersgruppen bzw. von Zuwanderern und geborenen Wienern ermöglichen. Durch Partizipationsprozesse sollen künftige Mieter in die Gestaltung eingebunden werden, hieß es.

Zuhause für 20.000 Menschen

Neben den 2.000 Wohneinheiten mit 240.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche, die bis 2015 entstehen, werden in dieser ersten Bauetappe ein Technologiezentrum sowie Büros, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ihren Betrieb dort aufnehmen. Im zweiten Entwicklungsschritt, der zwischen 2015 und 2020 anberaumt ist, werden neben der Erweiterung von Wohn- und Büroquartieren auch die Anschlussstellen an die Südosttangente (A23) und das Bahnhofsviertel hochgezogen. Ab 2020 sollen dann die Gebiete rund um den Bahnhof und um die U-Bahntrasse verdichtet werden.

Ab der anvisierten Fertigstellung im Jahr 2028 werden die Bauten im neuen Stadtteil dann über 2,2 Mio. Quadratmeter Bruttogeschoßfläche umfassen. Davon entfallen 850.000 auf das Segment Wohnen, 950.000 auf die "Business"-Sparte und weitere je 200.000 auf die Bereiche Gewerbe und Forschung sowie soziale Infrastruktur, Kultur und Bildung.

Im Areal, das so groß ist wie die Bezirke Neubau und Josefstadt zusammengenommen, sollen in 20 Jahren rund 20.000 Menschen leben und ebenso viele Arbeitsplätze geschaffen werden. Entwickelt wird die "Seestadt" von der "Wien 3420 AG", einem Tochterunternehmen der beiden Grundeigentümer Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF) und Bundesimmobiliengesellschaft (BIG).

Stadthäuser

Die Seestadt setze auf großzügig gestaltete "Stadthäuser", die dem Anspruch der Work-Life-Balance gerecht werden. Ein Viertel nutzungsneutrale Flächen in den Objekten und großzügige Raumhöhen in den Erdgeschoßzonen - "optimal für Geschäfte und Lokale" - sollen dies sicherstellen, erklärte Bernd Rießland, Vorstand der Wien 3420 Aspern Development AG. "Dies ermöglicht nicht nur die nötige Nahversorgung bereits für die ersten Bewohnerinnen und Bewohner, sondern bedeutet auch eine einmalige Chance für die Seestädter, Wohnen und Arbeiten an einem Ort zu verbinden."

Von der Starthilfewohnung mit Superförderung bis zum Büro für Firmengründer, vom betreuten Wohnen bis zum Mingo-Büro (Kleinbüros ab 15 m2 zu günstigen Konditionen für Wiener Kleinstbetriebe und Jungunternehmer, Anm.) werden unterschiedliche Bedürfnisse und Nutzungsformen miteinander verbunden. "Die rund 2.000 Wohneinheiten in der ersten Ausbauetappe bringen die notwendige Größe, damit sich eine Nahversorgungs- und Bildungsinfrastruktur etablieren kann", so Rießland. 

Grüne sehen "Gefahr einer Satellitenstadt"

Sehr skeptisch sieht man allerdings in Teilen der Wiener Opposition die Pläne für die Seestadt. Für die Planungssprecherin der Wiener Grünen, Sabine Gretner, ist die Euphorie des Vizebürgermeisters "schwer nachvollziehbar, denn Stadtgebiete sollten primär auf innerstädtischen Brachen entwickelt werden". Dies sei auch im Stadtentwicklungsplan (STEP) aus dem Jahr 2005 so festgelegt.

"Auf innerstädtischen Brachflächen gibt es in Wien noch enormes Potential, etwa auf dem Gelände um den Hauptbahnhof, auf dem Nordbahn- und Norwestbahnhofgelände, oder am Eurogate Aspang. Es gibt zwar ambitionierte Ziele der Entwicklungsgesellschaft, doch der politische Wille und die Durchsetzungskraft für einen weltweit einzigartigen Musterstadtteil fehlen gänzlich", so Gretner, die "die Gefahr der entkoppelten Satellitenstadt" sieht, wenn die Wiener Stadtplanung keine geeigneten Stadtentwicklungsvorgaben und Instrumente entwickle. (APA/red)