Als er noch eine zentrale Figur des Wiener Volkstheaters war, stellte die derbe Spaßmacherei sein Leib- und Magengebiet dar. Übrig geblieben ist davon aber nur kreuzbraves Puppentheater, dem Linz09 nun wieder die ursprüngliche Anarchie einhauchen will. Mit dem Festival Wo? Wenn nicht alle da! lässt man den Theaterberserker von einst hochleben. Mit der Schlagfertigkeit von Kasperl, Punch und Pulcinella beschäftigen sich u.a. vier Auftragswerke. Den Auftakt dazu machen Maschek, die zum TV-Programm des 9. 9. 2009 aus dem Off kasperln. Auch Anleihen bei Mythos und Tragödie sind zu sehen: In Kasperls Wurzeln schickt Gyula Molnàr seinen Helden in den Hades, um die Großmutti aus dem Totenreich zurückzuholen. Vor allem den Bruch mit der Form betreibt der deutsche Puppenspieler Hans-Jochen Menzel.

In seinem Weiberkaspar verselbstständigen sich die Figuren, als der Strippenzieher während einer Vorstellung in Ohnmacht fällt. Ganz auf die anarchische Kraft des Kasperls setzt auch Neville Tranter. Der Gründer des Stuffed Puppet Theatre zeigt mit Punch & Judy in Afghanistan eine seiner radikalen Possen. Der künstlerische Leiter Christoph Bochdansky hat zudem elf weitere Produktionen aus Spanien, Frankreich, England und Italien eingeladen und zeigt beim Festival auch eigene Produktionen. (wo, DER STANDARD/Printausgabe, 10.11.2009)