Essen/Wien - Mit der Gläubigerversammlung der Arcandor AG geht in Essen das größte Insolvenzverfahren in der deutschen Geschichte in eine neue Runde. Mit angemeldeten Forderungen von bis zu 19 Mrd. Euro und 50.000 Gläubigern stellt der Konzern mit seinen zahlreichen Tochterfirmen alle bisherigen Verfahren in den Schatten.

Die Gläubiger werden durch die Finger schauen. Bei angemeldeten Forderungen von 15 Mrd. Euro allein für Arcandor sei nur mit einer Begleichung im Promillebereich zu rechnen, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg. Bei einer Forderung von zehn Euro bedeute das nur eine Rückzahlung von höchstens neun Cent. Mit Abstand wichtigster Gläubiger ist das Finanzamt, auf das etwa die Hälfte der Außenstände entfallen.

Insgesamt geht es um 37 Verfahren, darunter Karstadt und Quelle, die sich über bis zu zehn Jahre hinziehen könnten. Höhepunkt dieser Woche dürfte am Dienstag die Versammlung der Karstadt-Gläubiger werden, bei der es um das Schicksal von 126 Waren- wie Sporthandelshäusern und 28.000 Mitarbeitern geht. 33.500 Gläubiger haben Forderungen zu Protokoll gegeben.

Viele Beschäftigte hoffen auf den Erhalt ihres Jobs. Denn die Sanierung der Warenhausgruppe soll besser voran kommen als erwartet. Görg will im operativen Geschäft Gewinne präsentieren, hieß es.

8000 Gläubiger der Quelle 

Am Mittwoch steht der Versandhandelskonzern Quelle auf der Tagesordnung. Das Essener Amtsgericht beziffert die Zahl der Quelle-Gläubiger auf etwa 8000. Görg hatte den Erhalt von Quelle vor mehr als zwei Wochen für gescheitert erklärt. Ein Investor für den Traditionskonzern hatte sich nicht gefunden. Rund 2.000 der 6.000 verbliebenen mussten bereits gehen. Im Novembers finden in Essen 34 weitere Gläubigerversammlungen von Arcandor-Gesellschaften statt.

Quelle Österreich wird frühestens am Donnerstag beim Handelsgericht in Linz den Konkursantrag einbringen, sofern sich bis dahin kein Retter findet. Hauptgläubiger ist die Oberbank. Gehälter der Mitarbeiter wurden bis Oktober ebenso bezahlt wie Lieferanten, bestätigt ein KSV-Experte. Auf die Konkurseröffnung könnte laut Kreditschützer AKV in spätestens 14 Tagen der Antrag auf Schließung folgen. Monatlich würden sonst Kosten von bis zu vier Mio. Euro anfallen. Eine Zerschlagung steht bevor.

Die Quelle Lebensversicherung in Österreich ist von der Insolvenz nicht betroffen. Sie gehört seit 2008 der deutschen Ergo Versicherungsgruppe. Dennoch denke man nun intensiv über eine Namensänderung nach, sagt Vorstand Hanns-Ulrich Brockhaus. Da Otto die Markenrechte der Quelle gekauft hat, sei die Frage virulent. (APA, vk, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.11.2009)