Je länger die EU-Mitgliedstaaten um die neuen Spitzenjobs der Union streiten, desto deutlicher wird: Nicht die besten, nicht die erfahrensten und überzeugendsten Politiker werden die 500-Millionen-Einwohner-Union demnächst anführen, sondern möglichst schwache. Oder anders formuliert: solche, bei denen man nicht genau weiß, wieso ausgerechnet sie eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte der Integration Europas nach außen repräsentieren sollen.

Das begann bereits mit der Wiederbestellung von Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Niemand konnte sagen, worin sein Erfolg der vergangenen fünf Jahre bestand. Dennoch wurde er ohne Gegenkandidaten gekürt.

Nun geht es weiter mit Belgiens Premierminister Herman Van Rumpoy, von dem immer mehr sagen, er sei als Präsident des Rates zwischen Paris und Berlin paktiert. Was qualifiziert ihn? Der 62-Jährige ist seit zehn Monaten Premierminister, hat kein nennenswertes europapolitisches Profil.

Und zuletzt zeichnet sich ein Drama um den "EU-Außenminister" ab, der auf Druck Großbritanniens im EU-Vertrag nicht so heißen darf (so wie London eine starke Union ablehnt). Aber die Euro-Sozialdemokraten wollen den Job unverdrossen den Briten zur Besetzung überlassen, nachdem David Miliband abgesagt hat. Warum eigentlich? Mangels besseren Angebots ist Catherine Baroness Ashton im Gespräch. Ihre Bestellung wäre absurd: Die Dame hat noch nie Außenpolitik gemacht. Dieses Treiben lässt nur einen Schluss zu: Die Regierungschefs wollen keine starken EU-Repräsentanten. Die könnten ihnen die Show stehlen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2009)