Wien - "Eine Bombe, die hochgeht, würde uns gut tun in Österreich." Alexander Petsche, Partner der weltweit tätigen Rechtsanwaltskanzlei Baker & McKenzie, weist im Standard-Gespräch auf das wenig ausgeprägte Unrechtsbewusstsein in vielen Unternehmen hin, wenn es um das Akquirieren von Aufträgen geht.

Schmiergeldzahlungen würden teils noch immer als lässliche Sünden gesehen. Und dies, obwohl in Österreich Anfang 2008 verschärfte Anti-Korruptionsregelungen in Kraft getreten sind. Petsche: "Das Rechtsempfinden ist unterentwickelt. Viele Vorstände sind sich gar nicht im Klaren, welches Risiko sie durch Duldung solcher Praktiken eingehen."

Der Rechtsanwalt verweist auf Siemens, dessen früherer Chef Heinrich von Pierer eine Millionenklage wegen Duldung von Korruption am Hals hat. Das Platzen dieser Bombe habe die Sensibilitöt für das Thema in Deutschland erhöht, nicht aber in Österreich.

Nach Einschätzung von Petsche bewegt sich der Anteil der Unternehmen, die mit gebotener Umsicht gegen Korruption im eigenen Haus vorgehen und eine Compliance-Organisation aufgebaut haben, die diesen Namen verdient, im einstelligen Prozentbereich. Die meisten Unternehmen begnügten sich mit einem Ethik-Kodex, den sie ins Internet stellen. Petsche: "Das ist eindeutig zu wenig."

Ein Compliance-Officer müsse weisungsunabhängig sein und direkt an Vorstand und Aufsichtsrat berichten. Sollte doch etwas schieflaufen, könne der Vorstand nicht mehr haftbar gemacht werden. Der Compliance-Officer selbst sei dann aus dem Schneider, wenn er Meldung gemacht hat. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.11.2009)