Wenige Stunden vor Ankunft von Außenminister Michael Spindelegger in New York hat ein verdächtiges Schreiben an die österreichische UN-Vertretung für Aufregung gesorgt. In einem angeblich aus Texas kommenden Brief an UN-Botschafter Thomas Mayer-Harting fand das Sekretariat am Montag einen Umschlag mit weißem Pulver. Inhalt des Schreibens: "Al-Qaida - FBI in America". Polizei und FBI wurden eingeschaltet, die New Yorker Sicherheitsbehörden analysierten die Substanz, erste Ergebnisse wurden noch für den späten Dienstagabend (Ortszeit) erwartet.
Zeitgleich mit der österreichischen Vertretung sollen auch die UN-Missionen von Usbekistan, das nicht im Sicherheitsrat sitzt, und die Vetomacht Frankreich, sowie Deutschland ein solches Schreiben erhalten haben. Die New Yorker Behörden warnten die Vertretungen am Montag vor weiteren Drohungen in den kommenden Tagen.
Zwei Dutzend Mitarbeiter der verschiedenen Botschaften, die Kontakt mit den Briefumschlägen hatten, mussten sich testen lassen. Es habe keine Hinweise auf ein Gift oder den Milzbranderreger Anthrax, teilte eine Polizeisprecherin mit.
Außenminister Michael Spindelegger sagte dem Standard, der Vorfall hänge möglicherweise damit zusammen, dass Österreich den Vorsitz im Al-Kaida/Taliban-Komitee des UN-Sicherheitsrates führt. Er sehe eine direkte Verbindung zum österreichischen Engagement als nichtständiges Mitglied im Rat. "Wir müssen die Drohung sehr ernst nehmen."
Aufgabe des Al-Kaida/Taliban-Komitees ist es, das Sanktionsregime zu überprüfen und die Liste von Terrorverdächtigen zu aktualisieren. In diesem Monat, in dem Österreich als nichtständiges Mitglied den Vorsitz im Sicherheitsrat führt, wird das Komitee an die Generalversammlung berichten.
Im Jahr 2001 waren kurz nach den Terrorangriffen des 11. September durch Briefe, die den Milzbranderreger Anthrax erhielten, in den USA fünf Menschen getötet worden. Die Anschläge wurden sieben Jahre später aufgeklärt.
Der UN-Sicherheitsrat berät heute, Mittwoch, unter der Leitung Spindeleggers über den Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten. Österreich hat diese Frage zum Schwerpunktthema seiner Arbeit im Sicherheitsrat gemacht. (Julia Raabe aus New York/DER STANDARD, Printausgabe, 11.11.2009)