Die Warteschlangen in den österreichischen Passämtern könnten nächstes Jahr besonders lang werden.

Foto: Robert Newald/Der Standard

Wien - Vor Beginn der Sommer-Reisezeit herrscht auf den Passämtern jedes Jahr routinemäßig Hochsaison. 2010 könnte allerdings ein wahrer Run auf neue Pässe einsetzen. Vor zehn Jahren haben mit Stichtag 1. Juni mehr als eine Million Österreicher ihren Pass verlängert, um der damaligen saftigen Gebührenerhöhung von 490 auf 950 Schilling zuvorzukommen. Die Staatsdruckerei kam damals kaum mit der Arbeit nach. Seit dem Frühsommer laufen die gemeinsamen Vorbereitungen mit den Behörden", erläutert Thomas Zach, stellvertretender Generaldirektor der Staatsdruckerei im Gespräch mit dem Standard. Die Staatsdruckerei muss nicht nur die Pässe drucken, sondern auch die entsprechende Anzahl an Sicherheits-chips auf Lager haben. Im "Maximalfall" wird die Staatsdruckerei rund um die Uhr und auch am Wochenende Pässe herstellen.

Zach rechnet mit 1,2 Millionen Reisepässen, die 2010 erneuert werden müssen. Dazu kommen noch eigene Pässe für Kinder, die durch eine EU-Richtlinie seit dem heurigen Sommer vorgeschrieben sind. "Wichtig ist, dass die aktuellen Eintragungen gültig bleiben", betont Zach, es müsse vor Ablauf des Passes der Eltern kein eigener für die Kinder beantragt werden.

In Wien ist seit 2003, als die Kompetenzen vom Bund an die Magistrate und Bezirkshauptmannschaften übertragen wurden, die Magistratsabteilung 62 zuständig. Deren Leiterin Christine Bachofner weiß, was auf die Bezirksämter zukommen kann - und wohl auch wird. 2010 werden in Wien insgesamt 300.000 Pässe zur Verlängerung anstehen, davon allein 115.000 in den Monaten März, April und Mai. "Das ist dreimal so viel wie in einem normalen Jahr", sagt Bachofner.

Warn-Schreiben

In Wien versucht man deshalb die zu erwartende Antragsflut zu kanalisieren. Die Betroffenen werden demnächst per Schreiben darauf hingewiesen, dass es im Frühjahr zu längeren Wartezeiten kommen könnte und man, um dem zu entgehen, den Reisepass noch heuer verlängern lassen könnte. Darüber hinaus werden Inserate geschaltet.

Ob man in den Bezirksämtern auch personell aufstocken wird müssen, hänge davon ab, wie dieses Angebot angenommen werde, sagt Bachofner. "Wir können ja niemanden zwingen, den Reisepass früher als unbedingt nötig verlängern zu lassen." In Niederösterreich werden Betroffene nicht direkt angeschrieben werden, sagt Heinz Zimper, Bezirkshauptmann von Neunkirchen und Bereichssprecher für das Passwesen. "Wir erwarten uns davon nicht die gewünschten Lenkungseffekte." Statt dessen setzt man ebenfalls auf Inserate. Rund 250.000 Passverlängerungen werden in Niederösterreich 2010 fällig. Vor zehn Jahren waren doppelt so viele Reisepässe ausgestellt worden - in einem durchschnittlichen Jahr sind es rund 120.000.

Reisepässe werden übrigens im kommenden Jahr gegendert. Erstmals wird auf der hinteren Umschlaginnenseite in der Überschrift das Wort "Passinhaberin" ergänzt, um der sprachlichen Gleichbehandlung Rechnung zu tragen. Außerdem wird der Artikel 20 des EG-Vertrages eingetragen. Dieser regelt, dass sich Österreicher in Ländern ohne österreichische Vertretung an jede andere Botschaft in diesem Land wenden können. (Bettina Fernsebner-Kokert, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 11.11.2009)