Die Zahl der Beschwerden von VerbraucherInnen über sexistische oder gar gewaltverherrlichende Werbeanzeigen nehmen massiv zu und rufen immer mehr BranchenkritikerInnen auf den Plan. Das gilt nicht nur für Österreich sondern auch für Deutschland. Vor allem die jüngste Werbung der Hotelkette A&O Hostels erzürnt dort derzeit die Gemüter. Um für die durchgehenden Öffnungszeiten zu werben, ließ die Firma auf Postkarten den Unterleib einer Frau im Bikini abbilden. In der Höhe des Schambereichs kann der neu mit der Kampagne anzusprechende Konsument dann die Aufschrift "24 h open" lesen. Zusätzlich verspricht der Bildrand "sexy Preise". Laut InsiderInnen verpufft die Wirkung der Anzeigen aber.

Trend zu anzüglichen Slogans

"Die Tendenz zu mehr oder weniger geschmacklosen Werbeaktionen ist alles andere als neu. Wie auch im Fall A&O Hostels ist es einmal mehr der uralte Versuch, über einen Hingucker die Marke mit Leben zu füllen und Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Schuss geht aber sehr häufig nach hinten los", erläutert Marketingexpertin Anne M. Schüller von der gleichnamigen Münchner Beratungsgesellschaft. Laut der Fachfrau hat der Trend zu anzüglichen Slogans auch damit zu tun, dass Kampagnen sehr oft von Männern entworfen werden, die sich die Wirkung bei Zielgruppen zu wenig überlegen.

Diese Art von Werbekampagnen sind längst keine Einzelfälle mehr. Auch die Leipziger MTS GmbH, die Anhänger für Großflächenplakate verleiht, wirbt mit ähnlichen Slogans. So heißt es "Miet mich - benutz mich" in großer Schrift auf dem Plakat, unter dessen Lettern drei lasziv räkelnde, halbnackte Models in Minirock, Stiefel und BH abgebildet sind. VertreterInnen der Werbewirtschaft stehen der Entwicklung skeptisch gegenüber, was sich mit Blick auf die Zahl der Beschwerden zeigt. Allein im ersten Halbjahr 2009 stieg diese im Vergleich zum Vorjahr beim Deutschen Werberat um rund 25 Prozent. 147 Kampagnen wurden kritisch hinterfragt.

Sexistische Werbung verfehlt oft Intention

Obwohl den Beschwerden 39 Mal zugestimmt wurde und der Werberat gleich fünf Mal zum Mittel der Rüge greifen musste, verfehlen die umstrittenen Anzeigen oft ihr eigentliches Ziel. Der Grundsatz, dass Wirbel um Kampagnen selbst uneinsichtige Unternehmen zur Vernunft leitet, scheint bei MTS-Geschäftsführer Marten Tausch hingegen nicht zu gelten. Die Aktion sei durchaus zielführend, denn schließlich biete man das Motiv auch mit "normal bekleideten" Frauen gerne als Abzug an und wolle den Absatz bei Männern als Zielgruppe steigern. Dabei erzielen erotische Werbungen nur minimal höhere Aufmerksamkeit, zeigen aktuelle Studien.

Wirtschaftskrise längst nicht alleinige Erklärung

Darin, dass die aktuelle Wirtschaftskrise viele Unternehmen zunehmend offensiver mit ihren Botschaften umgehen lässt, stimmen WerbeexpertInnen nicht vollends überein. Dies sei zwar ein gewichtiger Grund. Andererseits werde jedoch auch der Kampf um die Aufmerksamkeit stets größer, zitiert der Spiegel Franz-Rudolf Esch, Marketingprofessor an der Universität Gießen. Das Problem, dass die positiv verstärkte Aufmerksamkeit in vielen Fällen nicht eintritt, hätten viele Unternehmen noch nicht erkannt oder ignorieren es bewusst. Schüller weist auch darauf hin, dass es für Frauen und Männer oft frustrierend ist, sich mit einem Model zu vergleichen. (pte)