Die Finanzkrise hat die Anforderungen bei Kunden und die Produktlandschaft verändert. Was das Jahr 2010 den Anlegern bringt, erklärt Stefan Keitel, Investment-Chef der Credit Suisse. Nachgefragt hat Bettina Pfluger.
STANDARD: Die Konjunkturindikatoren drehen sich derzeit leicht. Wie schnell kommt dieser Optimismus beim Kunden an, und werden Anlagestrategien angepasst?
Keitel: Das passiert sogar noch, bevor der Markt bestätigt, dass es in diese Richtung geht. Man setzt dabei auf den Antizipationseffekt der Märkte. Die entscheidende Frage ist jetzt nicht mehr, was der Markt über die aktuelle Situation denkt, sondern was der Markt für 2010 und darüber hinaus denkt.
STANDARD: Was wird 2010 den Anlegern bringen?
Keitel: Schwankungen und Risiken. Aber nicht so exzessiv, wie wir es 2009 gesehen haben. Die Frage wird sein, was makroökonomisch auf uns wartet. Klar ist: Diesen Gummibandeffekt, den wir jetzt haben, dass die Wachstumsraten nach oben gehen, das ist zum einen positiv, weil es zeigt, dass die Maßnahmen der Notenbanken und Regierungen gewirkt haben und die Schwellenländer ihr Scherflein beitragen. Auf der anderen Seite ist Zweifel erlaubt in Sachen Nachhaltigkeit. Positiv ist, dass wir aus dem Tal der Tränen herausgekommen sind - mit eineinhalb blauen Augen. Wir haben einen positiven Grundsockel, aber die mangelnde Kreditversorgung wird negative Folgewirkungen haben.
STANDARD: Welche Trends zeichnen sich im diesem neuen Umfeld ab?
Keitel: Liquidität ist weiterhin sehr gefragt, aber höchst unattraktiv. Die Zeiten von komplexen Strukturen sind definitiv out. Es geht zurück zu den Wurzeln, zu einfachen und transparenten Produkten.
STANDARD: Was bleibt da? Aktien, Anleihen und Immobilien?
Keitel: Es bleibt trotzdem der ganze Strauß der Anlageklasse mit Ausnahme der komplexen, langfristig orientierten Segmente wie Hedgefonds und Private Equity, die sehen wir nur für bestimmte, erfahrene Investorentypen. Komplexe Zertifikatsstrukturen sind nicht mehr gefragt.
STANDARD: Was findet ein Kunde bei Ihnen, was er bei einer anderen Privatbank nicht findet?
Keitel: Wir spielen die komplette Klaviatur der Anlage. Wenn wir über Vermögenskonzepte reden ist das mehr als nur eine Kombination der wichtigsten Hauptanlageklassen unter Berücksichtigung der aktuellen Marktsituation. Unser Auftrag ist die Optimierung von Rendite und Risiko. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.11.2009)