Im April dieses Jahres präsentierte die in Wien ansässige Europäische Grundrechtagentur für Grundrechte (FRA) eine Studie zum Thema Diskriminierung in der Europäischen Union. 55 Prozent der Befragten nannten Diskriminierung als großes Problem, 37 Prozent gaben an, selbst Opfer von Diskriminierung geworden zu sein. Zwölf Prozent berichteten von tätlichen oder verbalen Angriffen. Am stärksten betroffen sind laut dieser Erhebung zwei Gruppen: Zum einen die Roma. 47 Prozent von ihnen erklärten, sie seien in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal Opfer von Diskriminierung geworden. Zum anderen die Schwarzen. 41 Prozent stimmten dieser Aussage zu.

Ganz normal

Genau bei diesen zwei Bevölkerungsgruppen finden es viele Menschen in Österreich ganz normal, sie zu beleidigen. So auch in der Kabarettszene.

Mitte September 2009 in Wien: Die Creme de la Creme des Wiener Kabaretts präsentiert die Pläne des neuen Vindobona. Das neue Programm positioniert sich stark für "Ausländer". Am Podium sitzt Michael Niavarani, der bekannteste Österreicher mit persischen Wurzeln. Es schaut nach Multikulti-Kabarett aus.

"Ironietest"

Was lesen wir in der Presseaussendung? "Die erste Vorführung der neuen Bühne gibt es am 10. Oktober mit Johannes Glücks Grätzl-Soap Jägerstraße. Mit echten Chinesen, Jugos, Kurden, Negern, Philippinos, Türken, Wienern und Zigeunern". Protest aus den Communities: Die Worte „Neger" und „Zigeuner" seien rassistisch und abwertend. Schließlich die Antwort der Veranstalter: Das war ein Ironietest.

Ja, es ist eine sehr rassistische Ironie, die hier von Intellektuellen verbreitet wird. Während mehrere Institutionen seit Jahren den Rassismus in der Sprache, insbesondere in der öffentlichen Sprache, zu bekämpfen versuchen, verbreiten diese Kulturschaffenden ganz bewusst leutseligen Rassismus - unter dem Vorwand von Ironie und Witz. Und das mit öffentlichem Geld, denn die Kulturabteilung der Stadt Wien ist finanziell maßgeblich am Vindobona beteiligt.

Aggression

Was Rassismus in Österreich betrifft, kann man derzeit zwei Tendenzen bemerken: Zum einen reagieren Teile der Öffentlichkeit sehr vehement und aggressiv auf jeden Erfolg - wie z.B. das Ersetzen des N-Wortes in allen seinen Formen. In Kabarett, TV, Film gab es noch nie so viele rassistische Witze und Ironien wie heute. Political Correctness wird als Zumutung empfunden, Chefredakteure sagen offen, dass sie diese als Sprachterror empfinden.

Zum anderen wird der öffentliche Rassismus subtiler. Zur Ausgrenzung werden neue Begriffe geschaffen. „Personen mit Migrationshintergrund" ist so ein getarntes Wort. Man verwendet es, um Menschen, die Österreicher sind, nicht „Österreicher" nennen zu müssen. In Österreich lernen wir, auch Österreicher, die im Ausland geboren sind, „Migranten" zu nennen. Und wenn von „Migranten" die Rede ist, weiß gleich jeder genau, wer gemeint ist - nämlich alle, die zur "Integration" in die österreichische Gesellschaft gezwungen werden sollen.

Aber mir, und vielen anderen, ist eines klar: Mich definiert niemand. Wer a Tschusch is, bestimm no immer i. (derStandard.at, 12.11.2009)