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Großer Andrang für ein paar Sekunden Hollywood. Über 1000 Menschen stellen sich beim Casting an

Foto: APA/BARBARA GINDL

Salzburg - Es ist eine unscheinbare Glastür an der Rückwand des Salzburger Kongresshauses, vor der sich am Dienstagabend über 1000 Menschen anstellen. Schon um halb fünf lässt der kahlrasierte Türsteher nur schubweise kleine Grüppchen in den dahinterliegenden Korridor. Über 200 Leute warten hier schon, obwohl es erst um 17 Uhr losgehen soll: Viele Teenager, ein paar junge Mütter mit Kindern, vier oder fünf grauhaarige Männer im fortgeschrittenen Alter. Eine Studentin sagt, sie sei spontan aus Innsbruck gekommen, viele kommen auch aus Oberösterreich, Kärnten oder Bayern.

500 Agenten und Hotelgäste gesucht

Nur ein A4-Zettel verrät, worum es geht: "Komparsen-Casting Knight & Day". Der Hollywood-Actionstreifen mit Cameron Diaz und Tom Cruise in den Hauptrollen wird unter anderem in der Salzburger Innenstadt gedreht. Zwischen 19. und 24. November ist es so weit. Die Wiener Agentur Austrocast suchte dafür zwei Abende lang 500 Komparsen, und zwar "quer durch", sagt Mitarbeiter Florian Wotruba: "Elegante Hotelgäste, Agenten, Polizisten, Kinder, Jugendliche".

"Drängeln hat keinen Sinn"

Im Minutentakt geht die Tür des Tagungssaales "Mozart" auf. Jedes Mal, wenn eine Kleingruppe den Saal verlässt, dürfen eine Handvoll Wartende hinein. Einige versuchen sich mit den Ellenbogen zu behelfen, andere kommen zu Sturz. Ein Agenturmitarbeiter in einem schwarzen Sonic-Youth-Leiberl versucht sich mit deutlich angeschlagener Stimme Gehör zu verschaffen: "Drängeln hat überhaupt keinen Sinn, also lasst es bitte. Wenn hier der Nächste stürzt, brechen wir das Ganze hab."

"Wären Sie bereit, auch Nacktszenen zu drehen?"

Einmal im Saal angekommen, geht alles ganz schnell: Jeder der Bewerber füllt an einem der aufgestellten Tische ein Formular aus. Kontaktdaten sind anzugeben und eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten ("Haben Sie ein Auto? Können Sie tanzen? Wären Sie bereit, auch Nacktszenen zu drehen?"). Um die ebenfalls erfragten Körpermaße zu nehmen, schwirren Agenturmitarbeiterinnen mit Maßbändern herum. Dann wird ein Foto gemacht - die Bewerber halten dazu ihr Formular mit der laufenden Nummer in die Kamera.

30 Euro für einen zehnstündigen Drehtag

Schließlich der große Moment: Ein grauhaariger Regieassistent aus den USA mustert jeden Einzelnen kurz. Auf dem Formular notiert er "Polizist" oder "Café-Besucher". Das war's. Wer genommen wird, bekommt 30 Euro für einen zehnstündigen Drehtag, dazu Verpflegung. Fünf Euro gibt es pro zusätzliche Stunde. Foto- und Videoausrüstung ist am Set streng verboten.

Kritik: 300.000 Euro öffentliche Gelder für Film

Wenig Begeisterung für Hollywood gibt es bei Salzburger Filmschaffenden: Sie kritisieren, dass das Land für "Knight & Day" 300.000 Euro locker machte, während die gesamte lokale Filmszene im Jahr 2008 nur mit 507.000 Euro gefördert wurde: "Dieses Geld verpufft im Himmel", sagt etwa der freie Regisseur Hermann Peseckas: "Ich glaube, die Fassade von Salzburg braucht keinen 300.000 Euro teuren Werbespot."

Hoteliers profitieren

Für den "James Bond"-Dreh 2008 in Vorarlberg gab es übrigens keine öffentliche Subvention. Sicher profitieren werden zumindest die Salzburger Hoteliers: 200 Zimmer in Vier- und Fünf-Stern-Häusern sind für die Crew schon gebucht, und das im traditionell schwächsten Tourismusmonat November. (Markus Peherstorfer, DER STANDARD Printausgabe 12.11.2009)