Den Haag - Der frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic will sich seinen Pflichtverteidiger selbst aussuchen dürfen. Der 64-Jährige beantragte am Mittwoch vom UNO-Tribunal in Den Haag, gegen die Entscheidung, eine Pflichtverteidigung für ihn zu bestimmen, Berufung. Wie aus einem entsprechenden Dokument hervorgeht, das sein juristischer Berater Marko Sladojevic der Nachrichtenagentur AFP zukommen ließ, rief Karadzic die Richter zudem auf, ihm eine Liste mit möglichen Verteidigern vorzulegen, damit er selbst seinen Rechtsbeistand wählen könne. Sollten die Richter ihm erlauben, Rechtsmittel einzulegen, hätte Karadzic dafür sieben Tage Zeit.

Karadzic wehrt sich aber prinzipiell weiter gegen die Einsetzung eines Pflichtverteidigers. Zugleich beschwerte er sich beim Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien (ICTY) in Den Haag, dass sein Prozess lediglich bis zum 1. März unterbrochen worden sei. Das Datum sei "aus der Luft gegriffen". Er brauche erheblich mehr Zeit, um sich gründlich vorzubereiten, betonte Karadzic zum wiederholten Male.

Pattsituation

Der Strafgerichtshof hatte am 5. November entschieden, einen Pflichtverteidiger zu bestellen. Er reagierte damit auf die anhaltende Weigerung des 64-Jährigen, sich an dem Prozess zu beteiligen, der am 26. Oktober eröffnet wurde. Da Karadzic erlaubt worden war, sich selbst zu verteidigen, konnte das Verfahren bisher nicht ohne ihn fortgesetzt werden.

Um diese Pattsituation zu überwinden, schränkte das Gericht Karadzic' Recht zur eigenen Verteidigung ein. Es ordnete an, dass er von einem Pflichtanwalt vertreten werden muss, wenn er nicht selbst anwesend ist. Weil der - bisher noch nicht benannte - Anwalt sich einarbeiten muss, wurde der Prozess um dreieinhalb Monate vertagt. Der Angeklagte verlangte einen Aufschub von acht Monaten und besteht darauf, dass er sich auch künftig allein verteidigt.

Karadzic ist wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen während des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 in elf Fällen angeklagt. Er soll einer der Hauptverantwortlichen für das Massaker an bis zu 8.000 muslimischen Männern und Burschen in der UN-Schutzzone Srebrenica im Juli 1995 sein. (APA)