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1,70 Euro gibt ein österreichischer Haushalt durchschnittlich täglich für Strom aus.

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„1,70 Euro gibt ein österreichischer Haushalt durchschnittlich täglich für Strom aus. Etwa so viel wie eine Wurstsemmel kostet.“ Geht es um den Strompreis, der in Österreich oft als zu hoch angesehen wird, ist es Wien Energie-Geschäftsführer Robert Grüneis wichtig, die Relationen zurechtzurücken. Mit einem Durchschnittswert von 12,68 Cent pro kWh (Kilowattstunde) liege Österreich in Sachen Strom für Haushaltskunden mit Rang 13 unter den EU-27 im guten Durchschnitt: „Seit 1996 stieg der Nettostrompreis für Haushalte um knapp neun Prozent, die Steuern und Abgaben haben sich dagegen verdoppelt.“

Etwas anders sehen die Ergebnisse bei den Industriekunden aus: „Die Steuern bei den heimischen Industriekunden liegen an dritter Stelle in der EU.“ Dennoch hätten auch die Strompreise für Unternehmen 2008 in Österreich Stabilität gezeigt. Ohne Steuern zahlten Großverbraucher (Verbrauch zwischen 500 und 2.000 Megawattstunden) im Schnitt 9,05 Cent pro Kilowattstunde. Selbst noch inklusive Steuern bringe es der Industriestrompreis mit 12,86 Cent auf den konkurrenzfähigen zehnten Platz im Europa-Preisvergleich, so Grüneis. Auch der Blick zurück zeige weitgehende Preisstabilität: „2007 zahlten Österreichs Großverbraucher, exklusive Steuern, genau den gleichen Strompreis wie 1996.“

Laut Unternehmensberater A.T.Kearney könnten die Haushaltskundenpreise auf lange Sicht aber kräftig ansteigen, bis 2020 um 20 bis 40 Prozent. Robert Grüneis kennt die Argumente: „Weil viele Kraftwerke fehlen, bei einigen Erneuerungsbedarf besteht und weiterhin der Strombedarf steigt.“ Aber auch die Entwicklung von Steuern und Abgaben könnte hier kräftig ins Gewicht fallen. Denn immerhin schlagen selbige hierzulande bereits heute mit rund einem Drittel des Gesamtpreises zu Buche.

Europaweit ist diese Belastung recht unterschiedlich. Die größte Steuerlast bei Strom tragen, laut europäischem Energiepreisindex (HEPI), die Kunden in Kopenhagen mit rund 45 Prozent des Gesamtpreises. Die Stromkunden zahlen hier für den Gesamtpreis rund ein Drittel mehr als etwa Kunden in Berlin. Wien liegt im Hauptstädte-Ranking auf Platz vier. Andererseits gibt es auch Städte wie etwa Athen, Dublin und Lissabon, in denen direkt überhaupt keine Steuern auf den Stromverbrauch anfallen.

Fix ist etwa auch der Netzpreis – jene Kosten, die anfallen, um den Strom via Leitungen dann auch dem Kunden ins Haus zu liefern. Er ist in jedem regionalen Versorgungsgebiet unterschiedlich hoch und wird von der Aufsichtsbehörde E-Control unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten festgelegt.

Angebot und Nachfrage

Strompreise verdanken sich damit nur zu einem Teil dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage im Markt.
Nur mit rund einem Drittel – dem Energiepreis – verhält es sich so wie mit anderen Produkten auch. Die Preisbildung erfolgt dort, wo auch für andere so genannte "Commodities" – also Massenware, bei der die Produkteigenschaften nahezu identisch sind – die Preise ermittelt werden, nämlich auf der Großhandelsebene – konkret: an den Börsen. Wer nun aber meint, dass der Strompreis unmittelbar sinkt, wenn die Nachfrage sinkt, liegt trotzdem nicht ganz richtig. „Eins zu eins kann man das nicht sehen“, erklärt Grüneis, „denn der Strom wird über längere Zeiträume im Voraus eingekauft. Auch zum Schutz der Kunden vor zu großen Preisschwankungen, denn die Großhandelspreise sind sehr volatil.“ Die Zeiträume des Vorauseinkaufes sind bei den jeweiligen Energieversorgern durchaus unterschiedlich, können ein bis drei Jahre ausmachen und sind Teil der Geschäftsstrategie. Die Ausschläge an den Börsen werden somit für den Kunden „geglättet.“

Trotzdem spielt es langfristig für die Preisentwicklung insgesamt eine Rolle, dass im kalten Winter Heizungen und erhöhter Lichtbedarf zu höherer Nachfrage führen, an schweißtreibenden Sommertagen hingegen der Massenbetrieb von Klimaanlagen die Nachfrage in lichte Höhen treibt. Die Natur macht aber auch darüber hinaus Einfluss geltend: Oft geht Hitze mit weniger Regen einher, was wiederum zu geringeren Produktionskapazitäten führt. Geht in Flüssen und Stauseen das Wasser zurück, können Wasserkraftwerke weniger Strom erzeugen. Wärmekraftwerke müssen vielleicht ihre Erzeugung drosseln, um das Flusswasser, das sie zur Kühlung nutzen, nicht weiter aufzuheizen. Letztendlich führt höhere Nachfrage bei geringeren Kapazitäten am Markt zu einem steigenden Börsenpreis und umgekehrt. An einem kalten Wintertag kann der Strompreis für die Spitzenlaststunden an der Börse somit durchaus einmal um das Fünffache steigen. Wo in Europa das Wetter Kapriolen schlägt, ist aber zumindest für den Strompreis unerheblich: Extreme Ausschläge wirken sich grenzüberschreitend aus.