
Brüssel/Wien - Teuer kann es Österreich kommen, wenn es die Kyoto-Vorgaben nicht schafft - als voraussichtlich einziges Land der "alten" 15 EU-Staaten übrigens. Zwar sieht das Kyoto-Protokoll für Nichteinhaltung keine Strafzahlungen vor, doch kann im Rahmen der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gestartet werden. Wenn Österreich nicht, wie verpflichtet, bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 insgesamt 13 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) einspart.
Auch dürften die rund 400 Millionen Euro für Emissionszertifikatekauf, die Österreich budgetär für eine Schließung der Lücken bereits vorgesehen hat, nicht reichen. Wifo-Experte Stefan Schleicher rechnet damit, dass mindestens die Hälfte, also rund 200 Millionen Euro, nochmals anfallen könnten.
Noch höhere Zahlungen sieht Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl auf Österreich zukommen: Das Land liege knapp hundert Millionen Tonnen CO2 über seinem Klimaziel. Bei aktuellen Preisen von dreizehn bis fünfzehn Euro pro Tonne CO2 komme es somit zu einer Summe von weit über einer Milliarde Euro.
Dass Österreich seine Ziele nicht schafft, geht aus einer Eigen-Einschätzung hervor, die in einen Bericht mündeten, den EU-Umweltkommissar Stavros Dimas in Brüssel präsentierte. Demnach wird die EU als Ganzes bis zum Ende der Kyoto-Periode ihre Ziele "erfüllen oder sogar übererfüllen", wie Dimas sagte. Statt der angepeilten acht Prozent EU-weit könnte im besten Fall sogar ein Minus von bis zu 13,1 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 erzielt werden.
Österreich jedoch ist innerhalb der EU-15 das einzige Land, das auch nach eigener Einschätzung nicht glaubt, sein Ziel (13 Prozent weniger Emissionen als 1990) zu erfüllen, bestätigte Dimas. Es werde Anstrengungen unternehmen müssen, dieses Ziel zu erreichen.
Dass die EU als Ganzes ihre Vorgaben erfüllen werde, sei dadurch jedenfalls nicht gefährdet, meinte der Umweltkommissar. "Ich bin sicher, dass auch Österreich sein Ziel erreicht." Die Einschätzung des Landes "spiegelt die gegenwärtige wirtschaftliche Krise und die letzte BIP-Vorhersage nicht wider und könnte sich daher als Überschätzung herausstellen", heißt es in dem Kommissionspapier, das auf Grundlage eines Berichts der Europäischen Umweltagentur erstellt wurde.
Dimas erinnerte daran, dass die EU bereit sei, ihre Emissionen bis 2020 um 30 Prozent zu verringern, wenn die anderen industrialisierten Staaten "parallele Kürzungen" durchführten und die Entwicklungsländer "adäquat beitragen". Allem Pessimismus zum Trotz sagte Dimas, er erwarte eine "bedeutende Übereinkunft" in Kopenhagen".
Umweltminister Nikolaus Berlakovich (VP) reagierte mit der Forderung, das nationale Klimaschutzgesetz endlich auf den Weg zu bringen. Dazu brauche man aber "eine gesetzlich festgelegte Verteilung der Rechte und Pflichten". Dafür erwarte er sich eine entsprechende Unterstützung von "Bund, Ländern und Wirtschaft". Opposition und Umweltschützer reagierten mit Kritik. (ruz/DER STANDARD, Printausgabe, 13. 11. 2009)