Was tun? Patty (Patrizia Gerardi) und Findling Asia (Asia Crippa) in "La Pivellina".

 

Foto: Stadtkino

Ein kleines Mädchen, rund zwei Jahre alt, sitzt dick in Winterkleidung eingepackt allein auf einem Spielplatz. Eine Frau, die im römischen San Basilio eigentlich auf der Suche nach ihrem Hund ist, wird auf die Kleine aufmerksam. Es regnet, langsam wird es dunkel, keiner kommt. Was tun?

"La Pivellina" entwickelt aus dieser zügigen Eröffnung eine beiläufige, aber trotzdem nachdrückliche Reflexion von Handlungsbedarf und Handlungsspielräumen: Kann man das Mädchen jetzt so einfach mit nach Hause nehmen? Müsste man nicht die Polizei verständigen? Wie viel wiegt das Wohl des Kindes gegenüber dem eigenen, das man hier potenziell gefährdet?

Auf all diese Fragen gibt es verbindliche bürokratische Antworten. Oder solche, die sich zunächst an ganz basalen Feststellungen orientieren: Das Kind ist hungrig und müde, also braucht es zuerst einmal eine Mahlzeit und ein warmes Bett. Ein erster Schritt ist gemacht, aber jeder weitere fordert von der Frau (Patrizia Gerardi), ihrem Mann (Walter Saabel) und dem Nachbarsjungen (Tairo Caroli) eine neue Entscheidung, auch für die möglichen Konsequenzen.

Der Film spitzt diesen Prozess jedoch nicht dramatisch zu. Vielmehr bleibt er ganz aufseiten der beherzt-pragmatischen Improvisateure - und entwickelt in berückenden Alltagsszenen die Beschreibung eines herzerwärmenden Sozialexperiments.

Die in Wien lebenden Filmemacher Tizza Covi und Rainer Frimmel stellen mit "La Pivellina" ihren dritten gemeinsamen Kinofilm vor: "Das ist alles" sah sich 2001 unaufdringlich, aber aufmerksam in einem russischen Dorf um. Bei "Babooska" (2005), der den Alltag einer fahrenden Zirkusfamilie begleitete, entstand der Kontakt zu den Darstellerinnen und Darstellern des aktuellen Films. "La Pivellina" übernimmt weiters den dokumentarischen Ansatz, öffnet und nutzt ihn allerdings für das Erzählen einer lose vorgegebenen Geschichte.

"La Pivellina", der im Mai in Cannes Weltpremiere feierte hat seither bereits zwölf internationale Auszeichnungen erhalten. Jetzt läuft er auch österreichweit im Kino. (Isabella Reicher/ DER STANDARD, Printausgabe, 13.11.2009)