Wien - Der Iran hat nach Angaben aus Diplomatenkreisen bereits vor sieben Jahren mit dem Bau der Anlage zur Urananreicherung begonnen, deren Existenz erst kürzlich bekanntgegeben wurde. Anschließend seien die Arbeiten bis 2004 ausgesetzt und 2006 wieder aufgenommen worden, sagten Diplomaten am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP in Wien. Sie beriefen sich auf Informationen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO (IAEA).

Die iranische Regierung hatte die Existenz der im Bau befindlichen unterirdischen Anlage nahe der heiligen Stadt Qom Ende September enthüllt, was international auf Kritik stieß. Es ist die zweite große Anlage zur Urananreicherung, die der Iran besitzt. Sie könnte nach Angaben der Diplomaten in etwa einem Jahr betriebsbereit sein. Nach iranischer Darstellung soll darin Brennstoff für Atomkraftwerke gewonnen werden. Der Westen befürchtet aber, dass die Anlage militärischen Zwecken dienen könne.

Weiterhin Streit darum, woher nuklearer Brennstoff kommen soll

Die Diplomaten gaben zudem an, dass der Iran die aktive Urananreicherung in den vergangenen Monaten nicht weiter ausgebaut habe. Zwar sei der Lagerbestand an niedrig angereichertem Uran von 1500 Kilogramm im August vermutlich um bis zu 300 Kilogramm gestiegen, es seien aber in der Anlage von Natanz weiter nicht mehr als etwa 4600 Zentrifugen zum Einsatz gekommen. Dabei verfügt der Iran in der Urananreicherung über ein wesentlich höheres Potenzial. Ende September hätten 8700 Zentrifugen zur Verfügung gestanden, sagten Diplomaten.

Warum nur etwa die Hälfte der Zentrifugen in Betrieb genommen wurde, war unklar. Diplomaten äußerten Vermutungen, die von technischen Problemen bis zur bewussten Zurückhaltung reichten. Der Iran könnte sich darum bemüht haben, im Atomstreit schärferen Sanktionen des UN-Sicherheitsrats zu entgehen und die diplomatischen Kanäle offenzuhalten.

Die IAEO wird nächste Woche einen Bericht mit neuen Zahlen zu den Atomaktivitäten des Iran vorlegen. Umstritten ist weiter, was mit dem Vorrat an niedrig angereichertem Uran geschehen soll. Auf dem Tisch liegt ein Kompromissvorschlag, der vorsieht, dass der Iran den Großteil seiner Uranbestände im Ausland anreichern soll. Im Gegenzug würde das Land nuklearen Brennstoff für den Betrieb eines Reaktors erhalten, in dem Isotope für die Krebsbehandlung hergestellt werden. Ohne Nachschub kann die Anlage im nächsten Jahr nicht mehr betrieben werden.

Warum wird in Anlage in Qom gebaut?

Der Vorschlag hat das Ziel, die iranischen Vorräte an spaltbarem Material unter die zum Bau für Atomwaffen nötige Menge zu senken. Damit sollen die Bedenken des Westens ausgeräumt werden, dass der Iran unter dem Deckmantel seines Atomprogramms nukleare Waffen entwickelt. Die Regierung in Teheran bestreitet ein geheimes Waffenprogramm. Analysten gehen davon aus, dass der Iran niedrig angereichertes Uran in einer Menge hat, die hoch angereichert für ein bis zwei Bomben reichen dürfte.

Der Iran zeigte sich im Oktober zunächst entgegenkommend, weigert sich nun aber zusehends, die Einzelheiten zu fixieren, damit der Kompromiss umgesetzt werden kann.

In dem Bericht zum Iran wird die IAEO auch ihre Erkenntnisse zur zweiten Anreicherungsanlage in Qom darlegen, zu deren Existenz sich der Iran erst im September bekannt hatte. Experten der IAEA hatten die Einrichtung, deren Bau noch nicht abgeschlossen ist, Ende Oktober erstmals besichtigt. Sie hätten nichts gefunden, worüber man "besorgt sein müsste", erklärte IAEO-Chef Mohamed ElBaradei vergangene Woche in einem Zeitungsinterview. Die Anlage in der Nähe der den Schiiten heiligen Stadt Qom nannte er "ein Loch in einem Berg" ohne nukleares Material oder technische Ausrüstung.

Ein Diplomat sagte, die Frage sei nicht, was man dort finde, sondern warum die Anlage überhaupt in Bau sei. Es sei zu klären, ob eine zivile Nutzung nachvollziehbar sei.