Dresden - Der neuen SPD-Fraktionschef im deutschen Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, hat die Sozialdemokraten auf eine schlagkräftige und harte Opposition in den kommenden Jahren eingeschworen und der CDU/CSU-FDP-Regierung den Kampf angesagt. "Wir dürfen den Schwarz-Gelben jetzt keine Ruhe lassen", sagte der ehemalige Außenminister und Vizekanzler am Samstag vor rund 500 Delegierten auf dem Bundesparteitag in Dresden. Die Bundesregierung habe keine Zukunftsidee und vertiefe die soziale Spaltung. "Diese Politik müssen wir bekämpfen", rief Steinmeier unter dem Beifall der Delegierten. Die SPD werde auch wieder Wahlen gewinnen, zeigte sich der Ex-Kanzlerkandidat überzeugt. "Wir lassen uns nicht kleinkriegen!"

Die jetzige Regierung betreibe eine Spaltung der Gesellschaft, sagte Steinmeier. Es gebe "einen Rückmarsch in die Vergangenheit". Der Fraktionsführer betonte, die Sozialdemokraten müssten dazu in der Opposition eine Gegenmacht bilden: "Das ist jetzt unsere Aufgabe." Statt das Notwendige zur Bewältigung der anhaltenden Krise zu machen, würden von der Regierung neue Geschenke auf Kredit verteilt. Es gehe darum, mit einer harten Opposition Druck dagegen zu organisieren. Das vom Kabinett vergangene Woche verabschiedete Wachstumsbeschleunigungsgesetz sieht ab 1. Jänner Steuererleichterungen in Milliardenhöhe für Familien und Unternehmen. Schwarz-Gelb verteile Steuergeschenke, die auf Pump finanziert seien, sagte Steinmeier. Das Geld fehle für künftige Investitionen. Das werde man nicht durchgehen lassen, nicht im Bundestag und auch nicht in der Öffentlichkeit. 

Fehler

In einem Leitantrag der Parteiführung werden Fehler in der elfjährigen Regierungszeit seit 1998 eingeräumt. Gefordert werden Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen, die als eine Ursache für die Niederlage der Partei bei der Bundestagswahl vom September gelten. Die SPD will sich aber von diesen umstrittenen Reformen nicht prinzipiell distanzieren.

Der am Vortag mit großer Mehrheit gewählte neue Parteichef Sigmar Gabriel hatte angekündigt, innerhalb eines Jahres solle diskutiert werden, wie notwendige Reformen am Arbeitsmarkt und die soziale Sicherheit auf einen Nenner gebracht werden könnten. Ein Höhepunkt des zweiten Tages wird eine Rede des neuen Fraktionschefs im Bundestag, Ex-Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, sein. Er war bei der Wahl der Kanzlerkandidat der SPD gewesen und hat danach die Führung der Oppositionsfraktion im Parlament übernommen. Erwartet wird, dass Steinmeier scharf die neue schwarz-gelbe Regierung der Unions-Parteien und der FDP attackiert. Der Parteitag debattiert auch über eine Reihe von Anträgen, in denen unter anderem die Abschaffung der Rente mit 67 gefordert wird.

Der SPD-Parteitag hat sich hinter die Opel-Belegschaft gestellt. Die gut 500 Delegierten verabschiedeten am Samstag ohne Gegenstimme eine Resolution, in der vom amerikanischen Mutterkonzern GM der Erhalt aller deutschen Werke des Autobauers und der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen gefordert werden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der den Antrag einbrachte, hatte zuvor sowohl das Management von GM als auch den früheren Wirtschafts- und jetzigen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) heftig kritisiert. Er nannte es ein "schändliches Stück Kapitalismus", wie General Motors nach der Bundestagswahl von allen Vereinbarungen mit Politik, Gewerkschaften und Betriebsräten abgerückt sei. Es sei auch "kein Glanzstück", was Guttenberg mit dem Gerede über eine Insolvenz von Opel abgeliefert habe, sagte Beck.

Die Opel-Standorte in Deutschland würden sich auch nicht auseinanderdividieren lassen. "Eisenach, Bochum, Kaiserslautern und Rüsselsheim sind uns alle genauso viel wert", betonte Beck. Die SPD erwarte daher ein Konzept, in dem wie bei dem ursprünglich geplanten Verkauf an Magna die Standorte gesichert würden. Erst wenn GM ein tragfähiges Konzept vorgelegt habe, könne auch mit staatlichen Geldern geholfen werden.

Am Freitagabend hatte der Parteitag den früheren Umweltminister Sigmar Gabriel mit einer überraschend großen Mehrheit von 94,2 Prozent zum Nachfolger von Franz Müntefering als Parteichef gewählt. Die bisherige Vize-Vorsitzende Andrea Nahles wurde zur neuen Generalsekretärin bestimmt. Die 39-Jährige kam auf eher enttäuschende 69,6 Prozent Zustimmung. Zuvor hatten die 517 Delegierten in einer mehrstündigen Generaldebatte Frust abgelassen und Kritik an der Führung geübt. Die vier neuen stellvertretenden Parteivorsitzenden sind Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz, der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft und die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Alle bekamen zwischen 85 und 90 Prozent Zustimmung. (APA/AP)