Whispered World

Foto: Hersteller

Ein Roboter liegt zerlegt auf einem Schrottplatz eines halb verrosteten Maschinenplaneten. Aufrappeln, heißt es, sich zusammenbauen und einen Weg in die Stadt finden. Die gilt es zu retten und die Roboterliebe des Lebens zu finden. Der Name des metallenen Helden? Richtig geraten: Josef.

Kontraste

Josef und seine Welt von Machinarium (ab 7 Jahren, etwa 30 Euro) leben von Kontrasten. Denn das Maschinenmärchen strahlt in detailreicher Handmalerei und atmosphärischen Elektrosounds (und ohne Sprache) das Gegenteil von kalter Technik aus. Die Bildschirmrätsel, denen sich Josef stellt, sind im Stil alter Adventure-Games gehalten und - auch unkonventionell - vollständig in Flash programmiert.

Gleich zu Beginn muss eine Roboterratte bestochen werden, um ans eigene Bein zu kommen, und mittels Magnet wird die Hand aus der Öllache gefischt. Das Bemühen um originelle Rätselideen in verträumter Atmosphäre steht im Vordergrund. Das tschechische Studio Amanita Design, das Machinarium für den deutschen Publisher Daedalic entwickelt hat, fiel davor schon mit Independent-Games auf: Das fantasievollen Adventure Samorost (2003) und der (bei Machinarium inkludierte) zweite Teil (2005) sind noch immer für absurde Weltraumausflüge gut.

Antiheld

Daedalic bemüht sich noch mit einem weiteren Titel um das klassische Adventure-Genre. The Whispered World (ab 12 Jahren, ca. 35 Euro) feiert die Wiederauferstehung des Antihelden-Typus. Sadwick stolpert als trauriger Clown durch die Point-and-Click-Rätsel einer todgeweihte Fantasywelt. "Ja, die Welt ist ein Jammertal, wenn man jung ist", sagt sogar der Opa, der sonst nur wirres Zeug über seine Hosen redet. Und Sadwicks Bruder Ben will, dass er das Rülpsalphabet übt, und hat für melancholische Gedichte nichts übrig. Aber das Bedürfnis, etwas von Bedeutung zu vollbringen, schickt Sadwick auf Entdeckungstour. Seine allzu real wirkenden Albträume müssen etwas zu bedeuten haben.

Ohne Selbstvertrauen, aber mit grüner Riesenraupe Spot schafft er es, im kindlichen Spielependant eines Entwicklungsromans seiner Welt zu entfliehen. Wohin, ist wirklich eine Überraschung. Auch wenn der Humor dabei etwas bemüht wirkt: Sadwick gehört wie sein Roboterkollege Josef zu einer Spezies, die mit guter Story, kreativen Ideen und Originalität kommerziell erfolgreich sein will.

Gegen den Trend

In dieser Woche ist mit viel Pomp und Trara der ebenso exzellent wie erwartbar umgesetzte Kriegsshooter Modern Warfare 2 auf den Markt gekommen, der nicht umhinkommt, mit unnötigen Provokationen um Aufmerksamkeit zu heischen. Da ist es gut zu wissen, dass irgendwo in der digitalen Welt auch noch Sadwick und Josef herumkrabbeln.

(Alois Pumhösel, DER STANDARD/Printausgabe, 14.11.2009)